Für ein paar Schaufeln Kohle mehr

■ Brandenburger Landtag erlaubt das umweltschädigende Heizen mit Strom-Nachtspeicherheizungen / Viele SPD-Abgeordnete stimmten mit dem CDU-Antrag, um die brandenburgische Braunkohle zu retten

Berlin (taz) – Der Landtag in Potsdam will das Stromheizungs- Verbot aufheben. Am 22. Juni, im Getümmel der großen Abstimmung über die Fusion Berlin- Brandenburg, schlug die Braunkohle-Lobby von hinten zu: Die CDU-Fraktion hatte einen Antrag eingebracht, das Verbot für Nachtspeicherheizungen aufzuheben. Der Umweltausschuß unter Vorsitz von Elke Seidel (SPD) empfahl dem Landtag, den Antrag abzulehnen. Alles klar eigentlich – immerhin hat die SPD 52 Sitze, die beiden anderen im Parlament vertretenen Parteien CDU und PDS aber jeweils nur 18.

Doch weit gefehlt: Bei der namentlichen Abstimmung hob zwar die SPD-Parteiprominenz von Ministerpräsident Manfred Stolpe bis Sozialministerin Regine Hildebrandt überwiegend gegen den CDU-Antrag die Hand. Doch die Abgeordneten aus der Lausitz stimmten geschlossen gegen die eigene Fraktion. Sie konnten auch noch einige Mandatsträger aus anderen Landesteilen auf ihre Seite ziehen. Besonders der Funktionär der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE), Ulrich Freese aus Spremberg, schürte über den Wirtschaftsausschuß – mit dem Argument, jede Nachtspeicherheizung verbrauche viel Strom, und der komme in Brandenburg aus dem Braunkohle-Tagebau in der Lausitz, schaffe also Arbeitsplätze. Elf aus der SPD- Fraktion stimmten gegen die Aufhebung des Verbots, 17 aus der CDU und acht der PDS dafür.

Weil sich 18 Abgeordnete enthielten und ganze acht bei der Abstimmung nicht im Raum waren, wird es demnächst wohl auch in Brandenburg die energiefressenden Nachtspeicherheizungen geben. Ein erstaunlicher Beschluß, immerhin hatten die Abgeordneten das Verbot 1992 ohne Gegenstimmen – bei einer Enthaltung – angenommen. Es gibt zwar formal noch eine Abstimmung, bei der im Emissionsschutz-Gesetz der Verbotsparagraph gestrichen werden muß, doch im brandenburgischen Umweltministerium rechnet kaum noch jemand mit einem Umdenken der Abgeordneten.

In den alten Bundesländern sind nur neun Prozent aller Haushalte mit einer Nachtspeicherheizung ausgestattet. In den neuen Ländern sind es noch weniger, daran wird auch der Potsdamer Beschluß so schnell nichts ändern. Umweltpolitiker ärgert aber vor allem das Signal, das damit gegeben wird. Zug um Zug wurden in den letzten Jahren in Schleswig- Holstein, Hamburg, Bremen, Berlin, Hessen, und Niedersachsen die Energiefresser in Neubauten verboten. Mit dem Brandenburger Beschluß wird dieser Trend umgekehrt. Der Energieeinsatz und damit auch die Erzeugung von Kohlendioxid ist beim Heizen mit Strom pro Heizleistung 2,5mal so hoch wie bei modernen Gasbrennern: Zuerst wird mit sechzig Prozent Wärmeverlust durch Verbrennen von Kohle oder Gas Strom erzeugt, dieser über Leitungen transportiert und dann mit Verlust wieder in Wärme zurückverwandelt.

Auch der am gleichen Tag beschlossenen Fusion mit Berlin widerspricht das Vorhaben der Abgeordneten: In dem Stadtstaat sind elektrische Nachtspeicherheizungen ebenfalls verboten. Die in den nächsten Jahren angestrebte Rechtseinheit zwischen den beiden Bundesländern kommt so nicht zustande. Reiner Metzger