Mubarak droht Sudans „Bande von Kriminellen“

■ Nach dem Anschlag auf Ägyptens Präsident: Kriegsgeschrei und Säbelrasseln

Berlin/Kairo (taz/rtr) – Ein Grenzgefecht, martialische Sprüche und Drohungen prägen vier Tage nach dem gescheiterten Anschlag gegen Präsident Hosni Mubarak das Verhältnis zwischen Ägypten und dem Sudan. Im Falle eines ägyptischen Angriffs in der umstrittenen Halaib-Grenzregion am Roten Meer werde Sudans Armee nicht zurückweichen, erklärte ein Militärsprecher in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Die der islamistischen Militärregierung nahestehende „Volksorganisation für die Verteidigung des Glaubens und der Nation“ rief ihre Mitglieder gar dazu auf, sich auf den „Heiligen Krieg“ vorzubereiten.

Derlei Äußerungen sind eine Reaktion auf ägyptische Anschuldigungen, der Sudan stecke hinter dem Anschlag auf Ägyptens Präsidenten Mubarak zu Beginn des OAU-Gipfels in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Es ist Mubarak selbst, der diese Kampagne anführt: Nachdem er sich, wieder zurück in Kairo, von jubelnden Anhängern hatte feiern lassen, empfing er gleich sudanesische Oppositionelle und rief bei dieser Gelegenheit das sudanesische Volk auf, seine Regierung zu stürzen. Eine Entsendung von ägyptischen Truppen in das Nachbarland schloß er aus. „Aber wenn wir uns einmischen und die Regierung stürzen wollen – und das ist nicht unser Stil – könnten wir das in zehn Tagen tun“, sagte Mubarak.

Damit die Botschaft in Khartum auch richtig ankommt, gestattete Mubarak mehreren hundert oppositionellen Sudanesen, auf dem Gelände seines Palastes zu demonstrieren. Diese forderten prompt Waffen für den Kampf gegen die Regierung des Sudan.

Der Drahtzieher des Anschlages ist für Mubarak bereits ausgemacht. Wie der ägyptische Präsident gestern im Fernsehen mitteilte, heißt dieser Mohammed Siradsch, stammt aus dem Sudan und wurde in Äthiopien festgenommen. Bei den Attentätern handele es sich um ehemalige Afghanistan- Kämpfer. Mubarak kündigte an, er werde Maßnahmen gegen das Regime in Khartum ergreifen, das er als eine „Bande Krimineller“ bezeichnete. Die ägyptische Regierung wirft Khartum schon lange vor, radikale Islamisten auszubilden, die in Ägypten Anschläge durchführen.

Auch nach Angaben der äthiopischen Behörden konnte inzwischen einer der mutmaßlichen Attentäter verhaftet werden. Dabei soll es sich um einen Araber handeln. Mohammed Siradsch wurde jedoch als ein zweiter mutmaßlicher Attentäter identifiziert, der noch flüchtig ist und sowohl die jemenitische als auch die saudiarabische Staatsbürgerschaft haben soll.

In der umstrittenen Halaib-Region am Roten Meer kam es gestern zu neuerlichen Spannungen, nachdem Mubarak angekündigt hatte, 70 sudanesische Polizisten auszuweisen, die an vier Posten dort stationiert waren. Damit reagierte er auf eine Besetzung von Gästehäusern der ägyptischen Botschaft in Khartum. Ein sudanesischer Militärsprecher sagte, die Polizisten würden in Halaib bleiben und auf alle „Provokationen“ Ägyptens entsprechend reagieren. In Halaib war es am Dienstag abend zu Gefechten gekommen. Dabei soll es einige Tote und Verletzte gegeben haben. Das Gebiet sorgt seit der Unabhängigkeit Sudans im Jahre 1956 immer wieder für Streit mit Ägypten. Ursache ist eine unklare Grenzziehung, die noch aus der Zeit der britischen Kolonialherrschaft stammt. Hinzu kommt, daß unter dem Gebiet Erdöl vermutet wird. b.s.