Die Schweiz öffnet sich dem Welthandel

■ Opposition der Bauern konnte WTO-Beitritt nicht stoppen

Bern (taz) – Sieben Monate ließ sich die Schweiz bitten. Dann erst trat sie offiziell der neuen Welthandelsorganisation (WTO) bei. Ein Zeichen der Öffnung, frohlockte Franz Blankart, Direktor des Bundesamtes für Außenwirtschaft, vor zwei Wochen.

Die Erleichterung des Staatssekretärs über den WTO-Beitritt der Schweiz war kaum zu übersehen. Denn die ganze Angelegenheit hätte auch anders ausgehen können. Vor allem die Landwirte machten gegen die WTO mobil. In Protestmärschen zogen sie nach Bern, beschimpften die Regierung, sie lasse die Bauern „verrecken“, prophezeiten den Untergang der eidgenössischen Landwirtschaft.

Kaum verwunderlich. Denn derzeit beziehen die Bauern rund drei Viertel ihres Einkommens direkt oder indirekt vom Staat. Daß Subventionen in diesem Ausmaß nicht mit den WTO-Regeln in Einklang stehen, liegt auf der Hand.

Schon einmal hatte die starke Bauernlobby den Beitritt der Schweiz zum Gatt verhindert. Als das Zoll- und Handelsabkommen 1947 in Genf besiegelt wurde, blieben die Gastgeber außen vor. Erst 1960, als die Landwirtschaft definitiv ausgeklammert wurde, gab die Schweiz ihre provisorische, sechs Jahre später dann ihre endgültige Zustimmung. Weil die Landwirtschaft bei den seit 1986 laufenden Gatt-Verhandlungen, die am 1. Januar dieses Jahres in der Gründung der WTO mündeten, wieder einbezogen wurde, liefen die Bauern erneut Sturm.

Rückendeckung erhielten sie von rechtsgerichteten Kreisen, die ständig um den „Ausverkauf der Heimat“ fürchteten. Lange sah es so aus, als ob es den WTO-Gegnern gelänge, die Beitrittsentscheidung vor das Volk zu bringen. 50.000 Unterschriften hätten sie für die Abstimmung gebraucht. Letztlich kamen dann doch nur 30.000 Unterschriften zusammen.

Zur großen Erleichterung der Parlamentarier in Bern. Ihrer rührigen Werbekampagne ist es vermutlich zu verdanken, daß der WTO-Beitritt nicht an der Wahlurne entschieden wurde. Parteien aller Coleur betonten immer wieder, wie wichtig der WTO-Beitritt für das Exportland Schweiz sei. Mehr Wohlstand, einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und erneuten Aufschwung bringe das Wirtschaftsabkommen.

Bestätigen ließ sich die Regierung die rosigen Aussichten vom renommierten St. Galler Hochschulprofessor Heinz Hauser. In seiner Studie stellte er fest, daß es keine Verlierer gebe. Selbst für die Bauern hatte er ein Trostpflaster. Auch sie profitierten, beteuerte der Wissenschaftler, weil sie auf mehr Direktzahlungen hoffen dürften, sobald die Schweizer Wirtschaft wieder besserlaufe.

Selbst die Grünen vergaßen, daß es die WTO mit dem Umweltschutz und den Chancen der Entwicklungsländer bisweilen nicht allzu ernst meint; zur Verwunderung vieler begeisterten sie sich ebenfalls für das Wirtschaftsabkommen. Außenwirtschaftsdirektor Franz Blankart hatte starke Argumente: „Für die Schweiz, die jeden zweiten Franken im Ausland erwirtschaftet, sind vermehrte Vorausschaubarkeit und Rechtssicherheit im internationalen Handel lebenswichtig.“ Judith Raupp