DASA zwischen Dollar und Dolores

Weltwährungschaos sorgt für Untergangsstimmung bei der deutschen Luftfahrtindustrie / Vorzeigevögel werden so zu Pleitegeiern / Steuerzahler zahlt derzeit noch für Währungsverluste  ■ Von Florian Marten

Hamburg (taz) – Was haben der Golfkrieg und die Immobilienspekulation in Tokio gemeinsam? Beide schwächten den Dollar. Der Golfkrieg, weil die USA zig Milliarden Dollar in die Weltspekulationsumlaufbahn schossen und so per Pump ihr mörderisches Top Gun im Wüstensand finanzierten. Die Tokioer Boden-Tycoons, weil ihrem Spekulationskarussell die Luft ausging und es dabei beinahe die japanischen Bankbilanzen ausgepustet hätte. Die japanischen Banken mußten daraufhin ihre Anlagenreserven in Dollar, US- Aktien und US-Anleihen abstoßen, was den Dollar auf einen absurden Tiefstand auch gegenüber der Deutschmark brachte.

Der tiefe Dollar wiederum attackiert deutsche Arbeitsplätze. So sind die (noch) gut bezahlten Arbeiter bei der Daimler Aerospace Airbus GmbH (DA) in Hamburg- Finkenwerder stinksauer. Zwar läßt der Wirtschaftskrieg um den Weltmarkt für zivile Großflugzeuge, in dem Boeing seine Vorrangstellung gegenüber dem europäischen Airbus beinhart ausbaut, die meisten bei der DASA kalt. Eines können sie aber nicht verstehen: Warum ein technisch gutes, vergleichsweise rationell produziertes Flugzeug mal „Pleitegeier“ mal „Vorzeigevogel“ ist, je nachdem, wie die internationale Dollarspekulation es haben will.

Und jetzt sollen sogar 40 Prozent der Kollegen gefeuert werden, obwohl die Airbusbauer dem Daimler-Konzern seit 1991 fette Gewinne von bislang mehr als 300 Mio. Mark Gewinn bescherten. Besonders verrückt: Bis 1998 sind die Airbus-Verkäufe gegen einen schwachen Dollar bestens abgesichert – mit Geld der SteuerzahlerInnen übrigens, die den Airbus bislang mit mehreren Milliarden Mark subventioniert haben.

Doch die Daimler-Spitze um Jürgen Schrempp will an ihrem knallharten Sanierungsprogramm Dolores (Dollar low rescue) festhalten, welches den Airbus bis 1998 auch bei einem dann unversicherten Dollarkurs von 1,35 DM Gewinnflügge machen soll.

Dolores heißt „Dollar low rescue“

Schrempps flotter Trost: „Wenn Sie die Luftfahrtindustrie sehen und einen Dollar von 1,60 DM unterstellen würden, dann haben wir eine brillante Arbeit geleistet.“ Betriebsratschef Bischoff stützt verständnisvoll den Kurs seines Chefs: „Die DASA kann mit diesem schwachen Dollar in Deutschland nicht überleben, wenn wir nichts tun. Auf jeden Fall müssen die Kosten weiter runter.“

Dabei hat die Geschichte Dollar und Airbus schon einen langen Bart. Bereits 1989, gerade hatte Daimler Airbus übernommen, jammerte das Airbusmanagement über die Dollarrisiken. Damals benötigte der Airbus 1,80 DM pro Dollar, um sich zu rentieren. 1992, drei Sanierungsjahre später, brauchte der Airbus 172,5 Pfennige pro Dollar, um schwarze Zahlen zu schreiben. Auch wenn die Airbus-Produktion sich inzwischen wacker auf unter 1,60DM/ Dollar rationalisiert hat, schreibt der Stolz der deutschen Zivilindustrie, dollarmäßig betrachtet, seit Jahren tiefrote Zahlen. Nur die nette Bundesregierung, 1989 zusammen mit Teilen der SPD davon überzeugt, mit Daimler werde Deutschland zur Luftfahrtgroßmacht, spendierte Daimler zur Fusion mit dem damaligen Airbus- Bauer MBB deshalb unter anderem ein jährlich bis zu 500 Mio DM teures Gschenk – die Kursabsicherung gegenüber dem Dollar.

Weil die Laufzeit dieses Geschenks 1998 abläuft, lautet Daimlers Devise jetzt: Ab in die Weichwährungsländer! Nur Länder, in denen der Dollar zwangsläufig stark bleibt, dürfen in Zukunft Flugzeuge bauen. Schwache Währung würde dann die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Noch freilich ist es umgekehrt: Die Hartwährungsländer Schweiz, Japan und Deutschland stehen in der Wohlstandshitliste ganz oben an. Spötter haben jedoch längst entdeckt warum: Auch der Wohlstand wird in weichem Dollar gemessen.