Politiker stürmen zu Dasa-Krisengipfeln

■ Bislang fehlt dem Daimler-Konzern jedoch ein Konzept für seine Flugzeugpolitik

Hamburg (taz) – „Wir werden alle Opfer bringen müssen.“ Düstere Worte drängen sich über die Lippen des neuen Dasa-Chefs Manfred Bischoff, wenn die Rede auf Daimlers Kahlschlagkonzept „Dolores“ kommt. Mehr als ein Drittel der noch 40.000 Dasa-Luftfahrtbeschäftigten könnten dem Plan zum Opfer fallen. Der scheidende Betriebsratschef Alois Schwarz, mehr als 23 Jahre oberster Arbeitnehmerführer, setzt noch eins obendrauf: „Bei uns herrscht totale Resignation.“ So konnten sich am Donnerstag die Dasa-Betriebsräte nicht einmal auf einen Nachfolger für Schwarz einigen und verschoben die Wahl.

Norbert Lammert, Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, kündigte für die nächsten beiden Wochen Spitzengespräche der Regierung mit Managern und Arbeiterfunktionären an. Am 15. September dürfen die Dasa-Betriebsräte in Bonn antichambrieren. Lammert macht schon im vorhinein Mut: „Die Luftfahrtindustrie ist eine wesentliche und unverzichtbare Basis der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.“

Auch das norddeutsche Wirtschaftsministertrio Hartmut Perschau (Bremen), Erhard Rittershaus (Hamburg) und Peter Fischer (Niedersachsen) entdeckte eine „nationale Verantwortung“. Für den 25. September ist in München ein großer Auftrieb der vom Dasa- Desaster betroffenen Ministerpräsidenten (Schröder, Stoiber, Teufel, Voscherau, Biedenkopf, Eichel) angesagt, die dort mit Betriebsräten und Managern nach Subventionsmöglichkeiten fahnden wollen.

Manfred Bischoff zeigt sich – taktisch klug – reumütig. Er hat zusammen mit dem heutigen Daimler-Chef Jürgen Schrempp die Dasa-Krise durch den Kauf von Fokker verschuldet, die allein in diesem Jahr eine Milliarde Mark Miese einfährt. „Ich räume ein, daß wir Markt, Preis und Dollar falsch eingeschätzt haben“, so Bischoff. Er hofft jetzt auf folgenden Deal: Streckung der Rückzahlung der Bonner Airbus-Subventionen, staatliche Stütze für neue Zivilflugzeugprojekte, ein Ja Bonns zu den Rüstungsprojekten Jäger 90 und dem Großraum-Militär-Transporter „Future Large Aircraft“, Standortsubventionen durch die betroffenen Bundesländer, Lohn-, Arbeizeits- und Tarifzugeständnisse durch Gewerkschaften und Betriebsräte – im Gegenzug bietet er eine leichte Abschwächung des Arbeitsplatzabbaus an.

Hamburger Airbus-Manager aber warnen: Im ganze Konzern stecke der Wurm. Unverdaute Übernahmekosten bei bei Dornier, die Fokker-Katastrophe, der eigentlich nur per Liquidation abzuhelfen sei, und eine viel zu komplizierte Standortstruktur der Airbus-Betriebe sind Teil der Krise. Lebensfähig wäre wohl allein eine auf wenige Standorte konzentrierte Airbus-Produktion. In der Hamburger Wirtschaftsbehörde hofft man klammheimlich, diese betriebswirtschaftliche Logik werde Hamburg-Finkenwerder als Gewinner aus der Dasa-Krise hervorgehen lassen. Insider warnen aber, daß bei Daimler und Dasa nicht die Betriebswirtschaft, sondern persönlicher Karrierismus zwischen Nord und Süd regierten. Schrempp und Bischoff wollen ihren mißratenen Fokker-Deal retten und die Dasa nach außen gesundrechnen, munkelt man. Das aber geht nur mit einem Melken der allein gewinnfähigen Airbus- Kuh. Florian Marten