Die solide Erotik der Markenware

Natürlich waren sie fast alle jung und schön und mächtig gestylt, die etwa 250 Besucher, die am Montagabend glatte 25,- DM Eintritt gezahlt hatten, um sich im Überseemuseum ein echtes Großstadtevent reinzuziehen, die Modenschau „en vogue“. Doch daraus wurde leider nix. Statt mit Metropolenflair kam die Show als Provinzposse daher. „Dörflich“, so ein Besucher in der Pause.

Nach der holprigen, mitleidserregenden Anmoderation stolperte die Modelriege unbeholfen über den engen Laufsteg, von Kopf bis Fuß von der pret-a-porter-Konfektionsware derjenigen Modehäuser Bremens ausstaffiert, die sich am Ort für die exklusiven halten. Frisuren von Kroupa, Schuhe von Siemes und Brille: Fielmann. „Totale Scheiße, reine Verkaufsförderung“, wie ein Gast mittendrin lautstark nörgelte. Plötzlich aber kam richtig Stimmung auf. Man ließ die Kinder an die Macht. Bis hinunter ins Babyalter ausstaffiert von „K & M Kindermoden“. Darunter ein etwa 5jähriger Knirps, der den Laufsteg in eine Showbühne für seinen Soloauftritt umfunktionierte. Winkend und hüpfend animierte er das Publikum zu Beifallsstürmen und wollte gar nicht mehr runter von den Brettern. Halbzeiturteil des Publikums: Bis auf diesen Auftritt miserabel.

Etwas professioneller die zweite Hälfte. Mit Anstand wurden die Dessous über die Bühne gebracht, latexlackig und sogar mit blanken Männerpos in String-Einrahmung. Zum Johlen. Als Abschluß dann wieder der kleine Solist, rosenschwenkend und das Publikum als Dancer zu rhythmischem Klatschen anheizend. Die Dagebliebenen fanden's am Ende großartig. Wahrscheinlich, weil die meisten irgendwie dazugehörten zur großen Schneiderinnung, die hier ihr Familienfest zu feiern schien.

Aber warum solche Provinz an einem Ort, der uns mit seinen Exponaten doch die fernen Kontinente und Weltkulturen näherbringen soll? Ganz einfach: Es war gar nicht im Museum, sondern im „Übersee“, dem neuen Erlebnistreff von Ulrich Mickan und Laci Klein. Statt mit der Mode konsequent in die Museumsräume zu gehen, hatte man die Show nämlich im Foyer stattfinden lassen. Warum? „Schreib einfach: aus technischen Gründen“, wie Mickan, von der Peinlichkeit dieser PR-Maßnahme für seinen neuen Laden sichtlich verunsichert, abzulenken versuchte. Was wohl heißen sollte: Ich reiß' mir doch für eine kostenlose Lokalwerbung kein Bein aus. Ob dies aber den Ruf seines „Übersee“ fördert? Den des Museums jedenfalls nicht. Moritz Wecker

Foto: Karsten Joost