Das Portrait
: Ein Dynamischer

■ Bernhard Heiliger

Die glatte Form war seine Sache nie, die platte Abschilderei im pseudoklassizistischen Stil Arno Brekers hielt Bernhard Heiliger nicht für Kunst. Dabei gab es durchaus Berührungspunkte in der Vita dieser beiden so grundverschiedenen Bildhauer. Beide hielten sich in den dreißiger Jahren in Paris auf, beide begegneten Despiau und Maillol und wurden von der Kunst der nachimpressionistischen Bildhauer beeinflußt.

Anders als der naturalistische Porträtist Breker überwand der 1915 in Stettin geborene Heiliger seine figurativen Anfänge. Statt dessen versuchte er in seinen Skulpturen aus Bronze, Stahl, Aluminium und Kunststoff organische Naturformen und Abstraktion in der Form von Scheiben und Kugeln zu verbinden.

Bernhard Heiliger Foto: Ullstein

Nach 1945 als „Stadtbildhauer“ populär geworden, suchte Heiliger die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum – nicht immer ohne Pathos. Die 1962 errichtete „Flamme“ auf dem Berliner Ernst-Reuter-Platz steht wie der „Phoenix“ vor dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (1966) für die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit. Im Park des Bonner Bundeskanzleramtes ist Heiligers „Figurenbaum“ aufgestellt.

1949 wurde er Professor an der Hochschule für bildende Künste in Berlin. Sein 1952 vorgelegter Entwurf eines „Denkmals für den unbekannten politischen Gefangenen“ fand zwar internationale Anerkennung, wurde in der vergangenheitsscheuen Adenauer-Republik aber nicht umgesetzt. 1989 erst enthüllte Edzard Reuter, gemeinsam mit Heiliger im Vorstand der Karl-Hofer- Gesellschaft aktiv, vor dem Daimler-Benz-Museum in Stuttgart die Skulptur „Tag und Nacht“, die der Bildhauer „in Erinnerung an die Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg und zur Mahnung, den Frieden zu erhalten und die Würde freier Menschen zu verteidigen“, geschaffen hatte. Heiliger galt längst als „Grandseigneur der deutschen Plastik“. Eine umfangreiche Retrospektive seines Werks in der Bonner Bundeskunsthalle, die erst vergangene Woche zu Ende ging, war ein Spiegel der bundesdeutschen Nachkriegs- Kunstgeschichte, für die Heiliger stand: von der Figuration über die Abstraktion bis hin zur raumgreifenden Dynamik. Vierzig Jahre nach seiner Teilnahme an der ersten documenta 1955 formulierte Heiliger in dieser Schau noch einmal seine Hoffnung auf eine Versöhnung der Natur mit der Technik. Am Mittwoch ist er gestorben. Stefan Koldehoff