Radeln mit Gewinn

■ „Arbeitskreis Freizeit und Tourismus“ will Bremen touristisch attraktiver machen – auf die sanfte Tour / Michael Jackson-Konzerte sind verpönt

Der „Arbeitkreis Freizeit und Tourismus“, ein Forum überwiegend ökologischer und emanzipatorischer Institute, greift ins Reisegeschäft und will ein Wörtchen mitreden bei der Frage, wie Bremen noch attraktiver werden kann: Der Nahverkehr soll ausgebaut werden, damit der Bremen-Besucher auch den Rübenmarkt in Kirchlinteln besucht; und es muß „die Weser wieder sauber werden“.

Eine Veranstaltungsreihe ist nunmehr geplant mit Vertretern aus Stadtplanung, Kultur und Ökologie und mit großen Themen wie „Bremen als Teil der Region“ oder „Naturräumliche Angebote zwischen Simulation und sinnlicher Erfahrung“ - vom 21. November bis zum 13. Februar.

Worum geht es ? Der Arbeitskreis kommt mit drei Vertretern zur Pressekonferenz. Zunächst Jürgen Seevers: Er propagiert den „sanften Tourismus“, eine Formel von Jung aus der Zeit des 68er Aufbruchs. Unterkunft, Veranstaltungen, Reisewege sollten sich „nicht nur an den Kunden“ orientieren; sie müßten zugleich die Bedürfnisse der Natur und der Einheimischen berücksichtigen. Geht in Ordnung. Wenn Michael Jackson im Weser-Stadion die Boxen aufdreht, werden in den Altersheimen am Osterdeich die Schmerzgrenzen überschritten. Also Schutz der Bewohner vor touristischen Spektakeln, vor Lärm- und Schmutzbelästigungen.

Aber nun erzählt Angela Wilhelms: An den beliebten Kurzreisen, an den zweitägigen Stippvisiten interessanter Städte, sei der Arbeitskreis nicht interessiert. Es gelte, die Themen zu erweitern, die Aufenthalte zu verlängern, das Umland in die Bremen-Besuche einzubeziehen. „Die Stadt hat mehr als nur zentrale Highlights zu bieten“. Auch spannend. Es geht mithin nicht nur um den Schutz der Einheimischen; es geht darum, den Tourismus zu vergrößern - neue Gewinner zu finden.

Der Arbeitskreis sucht markt-orientiert: Er überlegt, wie größere Fahrradtouren anzubieten seien oder Stadtteile wie Gröpelingen touristisch zu packen seien. Konkreter wird es leider nicht; zum Mitreden könnte es reichen.

Das Forum sorgt sich gleichzeitig, daß die Freizeittrends zu Simulationen und inszenierter Natur (Disneyland, Ocean-Park) führten. Es versucht, die alten Naturerlebnisse zu retten: „sich auf die Wiese legen“ oder „im Fluß baden an jeder Stelle“. Wie lange eine Wiese heil bleibt, wenn alle Bremen-Besucher sie betrampeln, weiß das Forum natürlich noch nicht. Das ist schon zu entschuldigen.

Man macht sich viele Gedanken. Wenn dabei ein Geschäft ensteht - um so besser. Im Forum zusammengefaßt sind so unterschiedliche Interessen und Empfehlungen wie das Ratskeller Spektakel, die Freilichtbühne Lilienthal, der Bund deutscher PfadfinderInnen, Hal Över, Wanderverband, ADFC.

Es ist keineswege zu kritisiern, mehr Reisende nach Bremen zu holen und ihnen alternative Angebote zu machen. Nostalgie im Tourismus ist allerdings keineswegs eine Garantie für heile Natur.

Wer sich die Gedanken des Arbeitskreises Freizeit und Tourismus anhören will: im Kultursaal der Angestelltenkammer, beginnend am 21. November, 18 Uhr mit dem Thema „Stadtentwicklung und Tourismus“. sim