Juristische Spitzfindigkeiten

■ Gesprächsnotiz im Griefahn-Untersuchungsausschuß: CDU wirft der niedersächsischen Umweltministerin Verrat von Geschäftsgeheimnissen vor

Hannover (taz) – Sie habe Geschäftsgeheimnisse verraten, warf die niedersächsische Landtags- CDU gestern der Umweltministerin Monika Griefahn vor. Hartmut Möllring, CDU-Obmann im seit Mai tagenden Griefahn-Untersuchungsausschuß, stützt diesen Vorwurf auf eine Gesprächsnotiz des Expo-Beauftragten von Griefahn, Hans Meier. In dem Vermerk berichtet der Beamte seiner Ministerin, daß er in einem Telefonat mit dem niederländischen Umweltinstitut Imsa auch „auf die mir vorliegende vertrauliche Aufsichtsratsunterlage der Expo-GmbH aufmerksam gemacht“ hat.

Zum Zeitpunkt des Telefonats, Mitte Dezember 1994, bemühte sich das von dem Club-of-Rome- Mitglied, Wouter van Dieren, geleitete Imsa-Institut bei der Expo- GmbH um einen Auftrag für eine Konzeptstudie zum Expo-Themenpark. Das Institut hatte deswegen bereits im Sommer Kontakt zum Expo-Aufsichtsratsmitglied Griefahn gesucht. Am Telefon wies nun Griefahns Expo-Beauftragter Meier das niederländische Institut darauf hin, daß das vertrauliche Aufsichtsratspapier zum Themenpark „bereits recht konkrete Exponatvorstellungen enthält“, während sich in einem Konzept von Imsa lediglich „erste methodische Ansätze“ für die Themenparkplanung fänden. Bei dem holländischen Institut war also Nacharbeit nötig. Am Ende bekam es den Auftrag aber nicht. Daß Monika Griefahn der Einsatz ihres Beamten für die ihr durchaus bekannte Umweltgröße Wouter van Dieren zusagte, bestätigt ihre handschriftliche Notiz auf dem Gesprächsvermerk: „Bitte halten Sie mich mit neuen Ansätzen eng auf dem laufenden.“

Der von CDU nunmehr als strafrechtlich relevant eingestufte Vermerk ist seit geraumer Zeit bekannt. Expo-Beauftragter Meier wurde dazu bereits ausführlich vom Untersuchungsauschuß befragt. Er habe damals vielen Umweltinstitutionen, die sich an der Expo beteiligen wollten, Tips gegeben, eine solche fachliche Beratung sei Teil seiner Aufgaben gewesen, erlärte Meier schon im September vor dem Ausschuß. Den Stand der Planungen der Expo- GmbH zum Themenpark habe er keineswegs nur auf dem vertraulichen Aufsichtsratspapier, sondern ebenso aus seiner täglichen Zusammenarbeit mit der Expo-Gesellschaft gekannt. Auch die CDU witterte bei dem gesamten Vorgang keineswegs sofort den Geheimnisverrat. Erst beim Abschlußbericht für den Ausschuß habe ein zufällig anwesender Jurist darauf hingewiesen, daß hier ein Verstoß gegen das GmbH-Gesetz vorliegen könne, hieß es gestern in der Pressestelle der CDU-Fraktion. Ein solcher Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten von Aufsichtratsmitgliedern kann allerdings nur auf einen Strafantrag der geschädigten Gesellschaft hin verfolgt werden.

Damit es zu einer staatsanwaltlichen Überprüfung des Telefonats käme, müßte die Expo-GmbH gegen Monika Griefahn und ihren Beamten Strafantrag stellen. Der Pressesprecher der Expo-GmbH konnte gestern in dem gesamten Vorgang erst mal „weder eine Schädigung seiner Gesellschaft“ noch „einen Straftatbestand erkennen“. Jürgen Voges