Verein SO 36 wird das Lebenslicht ausgeblasen

■ Der Kreuzberger Kiezverein wird voraussichtlich im März kommenden Jahres seine Arbeit ganz einstellen müssen

Einer der ältesten Institutionen der Kreuzberger Alternativszene droht das Aus. Der Verein SO36, vor siebzehn Jahren gegen die Abrißpolitik des Senats gegründet, wird nur noch bis Ende März kommenden Jahres finanziell vom Bezirk gestützt. Aller Voraussicht nach werde der Vertrag nicht mehr verlängert, erklärte die bündnisgrüne Baustadträtin Erika Romberg. Die Senatsverwaltung für Finanzen habe die Bezirke im Zusammenhang mit der Haushaltssperre in einem Rundschreiben aufgefordert, nur noch die gesetzlichen, also allernotwendigsten Ausgaben zu tätigen. Mit den in diesem Jahr vom Kreuzberger Bauressort bewilligten 130.000 Mark aus der Sanierungsförderung finanziert der Verein nicht nur die Mieterberatung, sondern auch zahlreiche Projekte im Sozial- und Jugendbereich.

Vorstandsmitglied Werner Orlowsky, einer der Väter des Projekts, hatte vor Monaten erfolglos mit der SPD über weitere Zuwendungen verhandelt. Doch sowohl SPD-Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer als auch Jugendstadtrat Helmut Borchardt (SPD) weigerten sich, Gelder aus ihren Ressorts abzuzweigen. Sollte der Vertrag nicht verlängert werden, „können wir uns von der sozialverträglichen, ökologischen Stadterneuerung verabschieden“, so Orlowsky. Erst im Frühjahr war es zwischen Verein und Romberg zum Konflikt gekommen, nachdem die grüne Baustadträtin es versäumt hatte, rechtzeitig die Mittel für den Verein im bezirklichen Globalhaushalt einzustellen. Wegen der Etatkürzungen mußte der Verein mit Beginn dieses Jahres vier Stellen streichen. Die Mietkosten für die Räume in der Wrangelstraße teilte man sich seitdem mit mehreren Initiativen. Durch die Sparpolitik sei die Arbeit der „engagierten Bürgerbeteiligung gefährdet“, erklärte Vereinsgeschäftsführer Rainer Sauter. Den Grünen, die derzeit mit der SPD über die Wahl Rombergs zur Bezirksbürgermeisterin verhandeln, warf er vor, sich „bedeckt zu halten und offenbar auf Pöstchen zu schielen“. Romberg sieht hingegen noch Spielraum für eine mögliche Lösung. Sie verwies auf einen Beschluß der Bezirksverordnetenversammlug (BVV) aus der vergangenen Legislaturperiode, mit dem die Bedeutung des Vereins für die Jugend- und Sozialarbeit hervorgehoben wurde. Es sei durchaus möglich, daß die neugewählte BVV eine ähnliche Entscheidung treffe. Offen sei auch, mit welchen Maßgaben die Finanzverwaltung die Haushaltssperre aufheben und wie der Nachtragshaushalt des Landes aussehen werde.

Voraussichtlich schließen muß auch die Erneuerungskommission Kottbusser Tor, die im dortigen Sanierungsgebiet die Bürgerbeteiligung organisiert. Der Jahresetat von 150.000 Mark läuft zeitgleich mit dem des Vereins SO36 aus. Am härtesten trifft es die offene Mieterberatung Kreuzbergs. Ende Dezember stellt der Bezirk seine Zahlungen für das Stadtbüro, den Mieterberatungsverein SO36 sowie für das Büro „Sozialplanung und angewandte Stadtforschung“ (SPAS-Süd) ein – einen Betrag von rund 400.000 Mark im Jahr. Severin Weiland