■ Die Wahl des neuen Präsidenten von Gesamtmetall
: Stumpfer kann es nicht mehr werden

Die bisherige Führung des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall mit ihrem Präsidenten Hans-Joachim Gottschol an der Spitze hat ihren Verein in den letzten Jahren systematisch gegen die Wand gefahren. Permanent suchte sie die Konfrontation mit der Gewerkschaft und erzielte folgerichtig in den letzten Tarifrunden immer wieder Ergebnisse, die von den Mitgliedsfirmen als Niederlage empfunden wurden. Die letzte datiert vom Frühjahr dieses Jahres: Monatelang posaunten die Arbeitgeber ihre Forderung nach realen Lohnsenkungen hinaus, aber in Dutzenden von Verhandlungsterminen sahen sie sich nicht in der Lage, ein konkretes Angebot vorzulegen. Nach zweiwöchigem Streik in Bayern fuhr der Verband ein Ergebnis ein, über das die Unternehmer heute noch jammern.

Die Niederlage von Bayern war auch ein Ergebnis unprofessioneller Verbandspolitik. Wer die Scharfmacher aus der zweiten Reihe ungehindert Maximalforderungen verkünden läßt und es versäumt, in den eigenen Reihen eine Willensbildung in Richtung auf das real Durchsetzbare zu organisieren, für den wird jeder Kompromiß zur Niederlage. Wie desolat der Zustand des Verbandes ist, zeigt sich auch in seiner hilflosen Reaktion auf das von IGM-Chef Zwickel vorgeschlagene „Bündnis für Arbeit“. Darin wird ja durchaus auf das von Unternehmern immer wieder vorgetragene Argument eines negativen Zusammenhangs zwischen Lohnhöhe und Beschäftigung eingegangen. Dennoch hat Gesamtmetall mehr als vier Wochen gebraucht, um sich überhaupt eine Gesprächszusage für Anfang Januar abzuringen. Nicht einmal um einen Informationskontakt zur IG Metall hat sich der Verband bemüht – von eigenen Vorschlägen ganz zu schweigen.

Die neue Führung von Gesamtmetall wird also zuerst in ihren eigenen Reihen Ordnung schaffen müssen, bevor sie wieder als kompetente Tarifpartei in Erscheinung treten kann. Der vor wenigen Monaten resigniert ausgeschiedene Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, Dieter Kirchner, wollte die Krise des Verbandes durch stärkere Zentralisierung und Professionalisierung angehen. Die vom neuen/alten Spitzenmann Werner Stumpfe im Vorfeld der Wachablösung durchgesetzte Konzentration der beiden Ämter des Geschäftsführers und des Präsidenten nach dem Rücktritt Gottschols im nächsten Jahr geht wohl in diese Richtung. Dies kann der Handlungsfähigkeit des wichtigsten deutschen Arbeitgeberverbandes, an der auch die Gewerkschaft ein elementares Interesse hat, nur gut tun. Stumpfer als bisher können die Metallarbeitgeber unter Werner Stumpfe kaum werden. Martin Kempe