Süßer die Glocken ...

■ Israelisch-Syrische Gespräche: Durchbruch!?

Alle sind glücklich, zuversichtlich und guten Mutes. Was kann da noch schiefgehen? Nichts. Und es wird auch nichts mehr schiefgehen.

Sechs Monate waren die syrisch-israelischen Friedensverhandlungen unterbrochen. Seit gestern abend geht es mit Volldampf Richtung Frieden. Auf dem abgeschiedenen US-amerikanischen Landsitz Wye in Maryland, dem Sitz des renommierten Aspen-Instituts, wird nach einem ausgeklügelten Fahrplan verhandelt. Verschiedene Probleme sollen gleichzeitig von verschiedenen Verhandlungsteams in Angriff genommen werden. Vorbedingungen werden von keiner Seite gestellt. Doch es gilt als sicher, daß Israel den seit 1967 besetzten und 1980 annektierten Golan an Syrien zurückgeben wird. Die ungefähr 13.000 israelischen Siedler werden in den sauren Apfel beißen und ihre Siedlungen räumen müssen. Syrien wird im Gegenzug einen umfassenden Nahostfrieden akzeptieren, der entsprechende Regelungen für Libanon einschließen oder unmittelbar nach sich ziehen wird.

Israel schickt als Verhandlungsführer Uri Savir, einen Direktor im Außenministerium, ins Rennen, der schon den Vertrag mit der PLO in trockene Tücher brachte. Ihm steht auf syrischer Seite der verhandlungserfahrene Botschafter in Washington, Walid Muallim, gegenüber. Strittig verhandelt werden noch die Verteilung und die Kontrolle der Wasserquellen sowie die Sicherheitsvorkehrungen zwischen Israel und Syrien. Damaskus hatte sich bislang stets gegen ein israelisches Frühwarnsystem auf dem Golan verwahrt. Entscheidend dürfte sein, daß die Parteien die Verhandlungen schneller, sachlicher und weniger formell als bisher führen wollen. Als Sicherungsmechanismus ist zudem vorgesehen, daß jede Seite die US-Regierung um Vermittlung bitten darf, sollten die Gespräche ins Stocken geraten.

Seine Bewährungsprobe aber wird das Abkommen im Libanon bestehen müssen. Sollte die israelische Armee sich aus der selbst reklamierten Sicherheitszone zurückziehen und auch den Libanon nach fast 14 Jahren Besetzung verlassen, müßten die syrische und libanesische Armee die Sicherheit der israelischen Nordgrenze garantieren. Die schiitische Hisbollah müßte sich dann wohl oder übel von einer militärischen Kraft in eine politische Partei umwandeln. Ob Syrien seinen Wadenbeißer im Libanon ohne militärisches Eingreifen an die kurze Leine nehmen kann, ist aber noch nicht ausgemacht. In Teheran dürften jedenfalls die Alarmglocken läuten. Georg Baltissen