Datenschützer: Asylbespitzelung illegal

Bayerischer Datenschützer hält Verfolgung von Flüchtlingen durch Privatdetektive für rechtswidrig. In Aufnahmeheim werden Asylbewerber rund um die Uhr überwacht  ■ Von Helmut Kuhn und Bascha Mika

Berlin (taz) – Mit dem Gesetz hält's die Regierung von Oberbayern südländisch flexibel. Nach Ansicht von Experten handelt sie illegal, wenn sie AsylbewerberInnen von privaten Sicherheitsdiensten überwachen und bespitzeln läßt. „Asylbewerber außerhalb des Heimbereichs zu verfolgen ist schlichtweg rechtswidrig“, so der Datenschutzbeauftragte in Bayern, Dieter Vetter. „Auch eine generelle Überwachung der Ein- und Ausgangszeiten der Heimbewohner erscheint mir mit den Aufgaben des Heimes nicht in Zusammenhang zu stehen.“

In Landsberg am Lech hat die Wachschutzfirma „BWS Sicherheitsdienst“ Asylbewerber verfolgt, um zu überprüfen, ob und wo sie schwarz arbeiten. Den Auftrag dazu erhielt die Firma von dem Heimleiter Rolf Cavelius. Darüber hinaus notieren zehn BWS-Mitarbeiter, die in dem Erstaufnahmeheim beschäftigt sind, wann welche Asylbewerber die Pforte passieren. Rund um die Uhr. Auftraggeber ist die zuständige Bezirksregierung von Oberbayern, der Träger der Einrichtung (vgl. taz von gestern).

Karl Stadlmayr, Sprecher der Regierung von Oberbayern, versucht sich herauszuwinden. Das Wachschutzunternehmen habe den Asylbewerbern aus freien Stücken nachgespitzelt, um potentielle Schwarzarbeiter dingfest zu machen. Stadlmayr: „Motiv dieser von der Regierung nicht in Auftrag gegebenen Aktion war vermutlich eine naive Einstellung des Bewachungsunternehmers.“ Noch am Dienstag hatte Stadlmayr eingeräumt, daß es sich bei der Aktion um einen Einzelfall gehandelt habe. Gestern gab er bereits einen zweiten Fall zu. Daß die Wachschützer die Ausgangszeiten der Asylbewerber notieren, hält Stadlmayr für rechtmäßig. Auch in zwei Münchener Heimen, in denen private Wachschützer beschäftigt sind, werde „hausintern“ so verfahren. Stadlmayr: „Wir sind der festen Überzeugung, daß es nicht gegen Datenschutzvorschriften verstößt, wenn in ganz begründeten Verdachtsfällen die Ausgangszeiten der Asylbewerber festgehalten werden.“

Stadlmayrs zuständige Aufsichtsbehörde, das bayerische Sozialministerium, ist da allerdings anderer Ansicht. „Die Zutrittskontrolle hat sich bei Asylbewerbern auf die bloße Ausweiskontrolle zu beschränken, Name und Uhrzeit der Pfortenpassage zu erfassen ist nicht vorgesehen“, so Sprecher Anton Haußmann.

Elisabeth Köhler, Asyl- und Flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, geht weiter: „Diese Bewachung und Bespitzelung ist ein Skandal und mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.“ Die Regierung von Oberbayern begehe einen „Rechtsbruch“. Der Wachschutz überschreite seine Kompetenzen und sei nicht berechtigt, Daten zu erheben und festzuhalten. Wenn ein begründeter Verdacht gegen einen Asylbewerber vorliege, müßten die Wachschützer die örtliche Polizei einschalten.

Ähnlich wird die Rechtslage von dem Berliner Anwalt und Asylrechtsexperten Peter Mayer beurteilt: „Daß Flüchtlinge überwacht werden, ist vom Asylverfahrensgesetz nicht gedeckt. Solche Aktionen finden ohne Rechtsgrundlage statt“, sagte er gestern der taz.

Doch Konsequenzen will die Regierung von Oberbayern aus dem Fall nicht ziehen. Zumindest nicht, was die eigenen Angestellten angeht. Nach Ansicht von Sprecher Stadlmayr habe Heimleiter Cavelius „völlig korrekt“ gehandelt. Nur mit der Presse hätte er nicht sprechen dürfen. Untersucht werde nun, so Stadlmayr, nicht die Verhaltensweise von Cavelius, sondern „die fragwürdige Rolle der Journalisten“.