Sanssouci
: Nachschlag

■ Claudia Teschners Gedichte und Fotos im Stükke-Theater

„Großstadtthemen“ verfolgt eine noch bis Juli laufende Reihe mit monatlichen Lesungen jüngerer AutorInnen im Stükke- Theater. Auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner versuchen die vom Erfolg überraschten Organisatorinnen ihre Serie zu bringen, der sie sonst keinen Titel und kein Programm geben wollten. Bei Claudia Teschner, die am Sonntag Gedichte las und Dias zeigte, liegt die Großstadt immer jenseits der Fensterscheiben, auf Distanz, auch wenn ihre Gedichte Titel tragen wie „Moabit“ oder „Wege in Berlin“. Extrem persönlich ist der Duktus dieser Lyrik. Er zwingt den Zuschauer in eine Intimität, in der er doch nichts zu suchen hat. Die gelungensten Gedichte Teschners sind Zwiegespräche mit der „unbekannten Schwester“, mit einer Vorübergehenden, mit einer Abwesenden. Die weniger gelungenen bedrängen einen mit Innerlichkeit und elegischem Romantisieren. Teschner hat nicht den Anspruch, in Form und Sprache avantgardistische Kapriolen zu schlagen. Aber wer den „Sonnenball“, die „Geigerin“ oder den „Brotlaib“ bemüht und Titel wählt wie „Regenlied“, muß wissen, was er tut. Da wird das Poetische schnell zur Pose und zum nostalgischen Dekor.

Bisweilen rutscht man – Voyeur wider Willen – nervös auf dem Stuhl herum. Besonders bei den Dia-Zwischenspielen. Den Körper in Alufolie eingewickelt, nackt hinter Glas und in Spiegeln, ohne Kopf und mit Revolver in der Hand, die Haare in einer Schale mit Milch: so stilisiert sich die Autorin auf ihren Fotos. Viel überzeugender sind die Aufnahmen leerer Räume im Nichts zwischen Stadt und Land. Kein Geraune hier, keine Neo-Neoromantik, sondern geschlossene Imbißbuden und Kirchen im Schnee. Davon hätte man gern mehr gesehen. Jörg Häntzschel

Junge AutorInnen im Stükke-Theater, bis Juli an jedem ersten Sonntag im Monat, 14 Uhr, Hasenheide 54, Kreuzberg