Die Jungfrau mit der Banane

Der Chiquita-Konzern versucht ein eigenes Öko-Markenzeichen zu etablieren. Aber selbst der deutsche Fruchthandel hält nichts davon  ■ Von Boris Scharlowski

Berlin (taz) – „Ende 1995 werden alle Chiquita-Farmen in Costa Rica das Zertifikat der Rainforest Alliance besitzen“, so warb der Bananenkonzern unlängst in deutschen Fachkreisen. Stolz rühmte sich der blau-gelbe Gigant, für die Entwicklung umweltschonender Methoden im Bananenanbau das ECO-OK-Zertifikat erhalten zu haben.

Tatsächlich, eine ökologische Reform des Bananenanbaus ist dringend geboten. Auch im ÖkoTouristenland [aua, d. s-in] Costa Rica. Seitdem dort Mitte der achtziger Jahre der Plan zur Förderung des Bananenanbaus in Kraft getreten ist, hat gerade in diesem Land die Expansion der Anbauflächen nahezu unbeschränkt zugenommen. Zu den üblichen Folgen, von denen in erster Linie die nachhaltige Verseuchung von Mensch und Umwelt durch den Einsatz hochgiftiger Pestizide augenscheinlich ist, kam die Rodung riesiger Flächen Tropenwaldes. Erst im letzten Jahr konnte diese Expansion etwas gebremst werden.

Unter diesem Eindruck begann in Costa Rica vor wenigen Jahren die Diskussion um die Einführung eines Ökosiegels für Bananen. Einen ersten Vorstoß unternahmen die in New York ansässige Rainforest Alliance und die costaricanische Stiftung Amblo. Gemeinsam mit Regierungsvertretern, Pflanzern und Wissenschaftlern richteten sie einen Runden Tisch ein. Im November 92 wurde dann das ECO-OK-Label „Banano Amigo“ vorgestellt.

Der Kriterienkatalog sieht in erster Linie die Einhaltung bestehender Gesetze vor: Verringerung des Pestizideinsatzes, Schulung der Arbeiter im Umgang mit gefährlichen Chemikalien, Beschränkung des Raubbaus an den umliegenden Regenwäldern.

Aus der Sicht regionaler Bananengewerkschaften und kirchlicher Basisgruppen kann dieses Siegel keine Garantie gegen die Verletzung von Arbeiter- und Gewerkschaftsrechten, den Rückgang der Produktion von Grundnahrungsmitteln und die ungerechte Verteilung des Reichtums im „Bananengürtel“ geben. Der Vorsitzende der costaricanischen Gewerkschaft der BananenarbeiterInnen Sitrap, Gilberth Bermudez: „Wir können nicht von der ökologischen Banane reden, ohne an die sozialen Bedingungen zu denken, unter denen sie entstanden ist. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten mangelt es nicht an Kritik. Der Deutsche Volker Ribniger: „Die ECO-OK-Verordnung verlangt nichts Ökospezifisches. Das ist mir zu lasch.“ Ribniger versucht in Costa Rica biologische Bananen für den Export anzubauen. Dabei erhielt er als erster das ECO-OK-Siegel.

Auch die Europäische Union akzeptiert die von ECO-OK erhobenen Kriterien nicht.

Deshalb soll nun bald das weiße Fräulein auf blauem Grund für den Chiquita-Konzern aus Illinois werben, der allerdings so ökologisch jungfräulich nicht ist: In Honduras verklagten ArbeiterInnen das Unternehmen wegen der Spätfolgen hochgiftiger Pestizide auf Schmerzensgeld. In Panama setzt die Chiquita Brands Company massiv Pestizide ein – eine Studie der medizinischen Fakultät in Panama-Stadt hat die Folgen auf Mensch und Umwelt dargestellt. In den USA droht dem Konzern und seinen Konkurrenten Standard Fruit und Del Monte eine Klage von 20.000 Bananenpflückern. Auf konzerneigenen Plantagen wurde das hochgiftige DBCP trotz genauer Kenntnisse um die Gefahren ausgebracht. Selbst der deutsche Fruchthandel betrachtet das Ökolabel von Chiquita als „reine Imagekampagne“. Doch der Konzern hat handfeste Günde dafür. Nach der Einführung der EU-Bananenmarktordnung verlor er seinen Vorsprung vor seinem schärfsten Konkurrenten Dole.

Boris Scharlowski ist Mitarbeiter der entwicklungspolitischen Organisation „BanaFair“, die Bananen zu „fairen Preisen“ vertreibt.