Sauber versalzene Straßen

■ „Großer Notsalzplan“ gegen Eis und Schnee ausgelöst

380 Tonnen chemieverseuchtes Kochsalz sind gestern auf 3.100 Kilometer Straßen der Hauptstadt gekippt worden. Verkehrsstaatssekretär Ingo Schmitt (CDU) hatte den Streubefehl gegeben. Nachts um zwei aus seinem warmen Schlafzimmer. Detlef Müller, der Leiter des Winterdienstes hatte den Staatssekretär, wie schon gut ein halbes dutzendmal in diesem Winter, aus den zartesten Träumen geklingelt. Grund: Sieben Zentimeter Neuschnee. Wenn die BSR dagegen mit Salz ankämpfen will, brauchen die Stadtreiniger seit Ende der siebziger Jahre die Senatsgenehmigung für den Notsalzplan. Den gibt es in der kleinen und in der großen Version. Klein bedeutet, daß alle Kreuzungen versalzt werden, groß heißt, der Salzstreuer rollt auch über alle Hauptstraßen. Dieser große Notsalzplan kommt selten zur Anwendung; viermal in den letzten fünf Jahren. Gestern war aber nicht der Schnee der Beelzebub, sondern der tiefgefrorene Boden: Die Fahrbahnen verwandelten sich sofort in spiegelglatte Eisbahnen. Gestreut wurde auch nicht aus Sorge um den Individualverkehr: „Was interessiert mich, ob hier eine alte Rostlaube vorwärts kommt“, sagt Bernd Müller, Sprecher der Stadtreinigung (BSR), die für den Winterdienst zuständig ist. Nein, man habe an die „großen Gelben gedacht“, also an die 1.100 BVG- Busse, die morgens im Berufsverkehr unterwegs sind. Die sind zwar mit Spezialreifen, Antischlupfregelung und ABS ausgestattet, die Fahrer hatten sich aber nach dem letzten Schneechaos im Dezember bitter beklagt über die ungestreuten Straßen. Die BSR wollte jetzt unbedingt vermeiden, so Müller, daß es zu „einem Aufstand der Fahrer“ kommt. Beim Personalrat der Busfahrer jedenfalls sieht man den Streueinsatz „als voll gerechtfertigt an“. „Das war ja ohne Ende spiegelglatt.“

Außerdem, kann man aufgebrachte Baumschützer beruhigen, in München, der eigentlichen Schneehauptstadt, ist alles schlimmer. Dort wird von 2.300 Kilometer Straßennetz generell ein Drittel versalzen; weitere 600 Kilometer bei Bedarf. Christoph Oellers