■ Die Geschichte der Fastnacht
: Lacht auf, Verdummte dieser Erde!

Die närrische Zeit beginnt am 11.11. um 11 Uhr 11. Die Elf gilt als sündige Zahl, als diejenige, die um Eins die Zehn Gebote übersteigt. Im elften Psalm wird die Sünde beklagt, und der elfte Jünger war Judas. Fastnacht, Fasching oder rheinisch Fastelovend hat zwar heidnische Wurzeln, aber christliche Tradition.

Wörtlich meint der Name nur den Abend vor Aschermittwoch, jedoch wird das ausgelassene Treiben seit dem Mittelalter ausgestreckt auf die sechs Tage davor, ehe das Fleisch aus der Küche verschwindet (Karneval = Fleischentzug). Geschickt widmete die Kirche den heidnischen Brauch der Bacchus-Feste – den Winter vertreibende Orgien –, um ihn in ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Narren waren Gottesleugner, die am Ende Buße tun mußten („Es spricht der Narr in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott“, Psalm 52,1).

Erst die Reformation teilte den deutschsprachigen Raum in karnevalistische und karnevalsfreie Zonen ein, wobei sich in Südwestdeutschland mit der schwäbisch-allemannischen Fastnacht die Ursprünge in Form von Hexen- und Tiermasken noch bis heute weitgehend erhalten haben. Was wir dagegen als rheinischen Karneval kennen, ist erst im letzten Jahrhundert in den katholischen Rheinstädten entstanden und trägt eher bürgerliche Züge, hervorgegangen aus Maskenbällen und Redouten.

In Zeiten der Unterdrückung war die Fastnachtszeit auch ein Ventil, mit Hohn und Spott gegen die Obrigkeit zu rebellieren. Doch wenn die Narren mit ihrem Staat zufrieden waren, wie 1933 und heute, richtete sich der Humor oft gegen Minderheiten. Aus der Bütt – einem Waschzuber, in dem symbolisch der Dreck des vergangenen Jahres gewaschen werden soll – wurden 1935 Juden verspottet und werden heute Asylbewerber beschimpft. Was stört, wird weggelacht.

Vor Jahren drohte der rheinische Karneval an sich selbst zugrunde zu gehen. Doch er ist nicht totzukriegen, seit seine Gegner ihn mit karnevalistischen Mitteln bekämpfen. So entstand in Köln zunächst aus Protest gegen die Langeweile der Prunksitzungen, in denen sich die bessere Gesellschaft selbst feiert, die alternative „Stunksitzung“, die mit Kritik am offiziellen Karneval ihre größten Lacherfolge erzielt.

Genauso empfanden viele Kölner den seit 1823 durch die Stadt ziehenden Rosenmontagszug als langweiligstes Ereignis des Jahres. Doch statt wegzufahren, gründeten sie den „Geisterzug“ und ziehen seither maskiert durch die Straßen, lediglich die „dicke Trumm“ (große Trommel) mit einer Sambarassel vertauscht.

Achtung: in Köln nur „Alaaf!“, in Mainz: „Helau!“, in Rottenburg „Narri-Narro!“ rufen. pim