Wenn die Story abstürzt

■ Die Gerüchteküche in Sachen Cessna-Absturz brodelt kräftig weiter: War ein Boxkampf an Bord die Ursache? Alle schreiben es, niemand will es gesagt haben

Mit einem Mal schien alles geklärt. Die ganze Woche war nur ein einziges Rätselraten gewesen. Warum stürzte die Cessna vor Salzburg ab? Einfach so, „wie ein Stein“ aus bewölktem Himmel, und zerschellte im Wald an der Ortsgrenze von Freilassing? Waren die Piloten fluguntüchtig? Haben sie im Moment des Anflugs, ähnlich wie ihre kolumbianischen Kollegen im Dezember, über Frauen debattiert? War die Maschine schlecht gewartet, wie dem jüngsten Flugzeugdrama in der Karibik? Noch schlimmer: War es eine Bombe? Nein, sagte das Luftfahrtbundesamt, äußere Fremdeinwirkung ist ausgeschlossen.

Das Rätsel schien Ende der Woche gelöst – vorerst jedenfalls. Da lag der Berliner Kurier auf dem samstäglichen Frühstückstisch: „Letzter Funkspruch: Absturz durch Schlägerei an Bord.“ Ein Feuerwehrmann aus Freilassing, in seiner Freizeit begeisterter Hobbyfunker, soll in den Funkverkehr zwischen Salzburg Flughafen und dem Cessna-Piloten reingelauscht haben und gehört haben: „Wir haben hier eine Prügelei an Bord.“ Von allen diskutierten Absturzursachen war das immer noch die wahrscheinlichste Version: Den Hauptgläubiger Siegfried Neuendorf, ohnehin mit Hoffmann auf Kriegsfuß, hält es wenige Minuten vor der Ankunft nicht mehr auf seinem Sitz. Er will Hoffmann an den Kragen. Hoffmann sitzt aber auf der anderen Seite der Maschine, und Neuendorf ist ein Zweizentnermann. Es kommt zu einer empfindlichen Gewichtsverlagerung. Die Maschine kippt über die linke Tragfläche ab und fällt vom Himmel.

Wahrscheinlich war die Version schon – aber stimmte sie? Am Sonntag zog die Berliner Morgenpost nach: „Prügelei die wahre Ursache?“ Doch bei der Flugsicherung Salzburg hat man von einem solchen Funkverkehr nichts gehört. Daher kursiert bei den seriösen Salzburger Nachrichten eine andere Theorie, um die Absturzerklärung zu retten: Der Feuerwehrmann habe den Jet-internen Funk abgehört. Von Pilot zu Kopilot quasi.

Je länger man recherchiert, desto unklarer wird die einst so plausible Erklärung. Ein Anruf beim Freilassinger Feuerwehrkommandanten Johannes: Wer ist der Amateurfunker unter seinen Leuten? Johannes weiß von nichts, dabei erzählen seine Untergebenen ihm normalerweise so etwas sofort. Also Nachfrage in Berlin, beim Kurier. Wer ist der Feuerwehrmann? Ja, man habe einen Informanten, der kenne einen freien Mitarbeiter des Freilassinger Lokalsenders Radio Untersberg, der mit dem fraglichen Feuerwehrmann gesprochen habe. Ein Anruf bei der Radiostation läßt dann die letzte Seifenblase platzen: Von einem solchen freien Mitarbeiter sei dort nichts bekannt. Christoph Oellers