Umweg-Finanzierung

■ Drogenhilfe will mit Vernetzung die Privatisierung umfahren / Bundes-Drogenkongreß tagt in Bremen

„Wir haben auch Fehler gemacht.“ Anton Bartling, der im Amt für soziale Dienste die Abteilung Drogenhilfe leitet, wurde unverhofft selbstkritisch: „Wir haben ständig Extra-Einrichtungen aufgebaut, wie etwa die ,Kindereinrichtung für drogenabhängige Mütter'.“ Da müsse man Einhalt gebieten, sagte Bartling und stellte dennoch umgehend klar: Das Erfolgskonzept der Bremer Drogenhilfe, die gemeindenahe Stadtteilversorgung, werde er verteidigen.

Seit gestern tagt in Bremen der 19. BundesDrogenKongreß, und sein Titel „Grenzgänge – Hilfesysteme berühren sich“, führt auch gleich zum zentralen Thema: Vernetzung. Alle Beteiligten sind willens zu Kooperation und Schulterschluß. Doch dahinter steckt auch ihr Bestreben, im Verbund die aufgekommene Privatisierungsdebatte möglichst galant zu umfahren.

Die Drogenhilfe, lange Jahre durstiger Zuschußbetrieb, soll nämlich auf den Prüfstand marktwirtschaftlicher Kriterien. Es geht um die Frage der Effektivität von 250 Hilfseinrichtungen in der Bundesrepublik – von Streetwork bis zur Langzeittherapie. Aufgebracht hat die Kosten-Nutzen-Diskussion der Hamburger Drogenbeauftragte Horst Bossong. Er will die Bezuschussung der Drogenhilfe an ihre Erfolge knüpfen. Vom Bundesverband „Drogen und Rauschmittel e.V.“, der den Bremer Kongreß organisiert, heißt es dazu: „Hamburg hat da etwas mißverstanden. Die Drogenhilfe wird weiterhin ihren Preis kosten.“

In Bremen sei man durchaus bereit, neue Steuerungsmodelle zu diskutieren, berichtet Anton Bartling. Man habe die Hausaufgaben bereits gemacht und alle Angebote und deren Annahme weitestgehend dokumentiert. Jetzt wird angestrebt, den Etat der Drogenhilfe aus dem Gesamthaushalt von Gesundheit und Soziales herauszufiltern. Das geschieht jedoch nicht ganz freiwillig, es ist politischer Wille. Bremens Drogenbeautragter Ingo Michels handelt hier im Auftrag des Senats. Sein Vorgänger Guus van der Upwich, im Vorstand des Fachverbandes, sieht infolgedessen nun die Drogenhilfe endgültig „mit dem Rücken an der Wand“.

Also sucht man auch in Bremen das Heil in der Vernetzung. Die Drogenhilfe und die Medizin etwa sollen sich verschwestern. Gerade mit substituierenden ÄrztInnen müsse einvernehmlich vorher und hinterher stärker kooperiert werden. Auch hier warnte Guus van der Upwich wieder vor zu viel Euphorie und der Privatisierungswelle: In Emden hat inzwischen eine Arztpraxis auch die Drogenberatung übernommen und finanziert diese über die Urinkontrollen, die viel Geld einbringen.

Martin Grotjahn, Geschäftsführer der Bremer Drogenhilfe, hat eigentlich gar nichts gegen die Effektivitätsdebatte, mit der private Träger ja sowieso schon zu kämpfen hätten. Doch könne man die zuschußbedürftigen Projekte nicht einfach so sterben lassen. „Man muß qualitativ diskutieren. Und wenn die Krankenversicherungsträger jetzt erste Therapien ablehnen, ist das genauso im Aufgabenbereich des Senats wie eine zukunftsweisende Verknüpfung von Drogenhilfe und Jugendarbeit.“ sip