Liberale Abschiebung gen Bosnien

■ Bei der Rückführung bosnischer Flüchtlinge in ihre Heimat spricht sich die FDP für das Prinzip Freiwilligkeit aus. Zwangsmaßnahmen sind dennoch nicht ausgeschlossen

Berlin (taz) – Geht es um die Rückführung der über 320.000 in Deutschland lebenden bosnischen Kriegsflüchtlinge, so setzen die Bonner Liberalen auf Freiwilligkeit. Zwangsmaßnahmen seien allerdings nicht auszuschließen. Der 1. Juli als Stichtag für erste Rückführungen sei jedoch nicht zu halten, verkündete die FDP-Spitze gestern. „Hinter Terminen muß auch ein Konzept stehen“, sagte der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhard. Ein solches sei bisher allerdings nicht zu erkennen. Die Situation in Bosnien-Herzegowina sei noch völlig unüberschaubar. Der Abschluß des Friedensabkommens am 15. Dezember 1995 bedeute nicht, daß es überall im Land tatsächlich friedlich zugehe.

Die FDP spreche sich daher für eine gestaffelte Rückführung aus, die die Aufnahmefähigkeit in Bosnien-Herzegowina und die Situation der Flüchtlinge berücksichtige. Die Rückführung müsse in ebenso humaner Weise erfolgen wie die Aufnahme. Dabei sei insbesondere auf Freiwilligkeit zu setzen. Ausweichend reagierte der Chef der Liberalen auf wiederholte Nachfragen, ob die Partei notfalls für Zwangsrückführungen eintrete. Gerhard: „Das schließen wir nicht aus, aber der Anfang kann das ja wohl nicht sein.“ Die Ausländerbeauftragte des Bundes, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), schätzt die Zahl derjenigen, die freiwillig in ihre Heimat zurückkehren wollten, auf mindestens ein Viertel. Diese Gruppe sei zu unterstützen. Eine solche vertrauensbildende Maßnahme werde beispielgebend für andere sein. „Je schärfer man auf einem Korsett besteht, desto weniger wird man die Bosnien-Flüchtlinge überzeugen, freiwillig zurückzugehen.“

Es komme nun darauf an, so schnell wie möglich verläßliche Informationen über die Situation in Bosnien-Herzegowina zu erlangen. Zudem müsse man aber auch die hier lebenden Härtefälle berücksichtigen. Dazu zählten etwa alte Leute, die in ihrem Heimatland keine Familie hätten. Diesen Menschen müsse ein Bleiberecht in Deutschland zustehen. Dringend notwendig sei, so Schmalz-Jacobsen, daß die Länder einheitlich handelten. Es könne nicht angehen, daß einige Länder nach dem Prinzip abschieben „Wer zuerst gekommen ist, muß zuerst gehen“ und andere genau andersherum. Markus Franz