Eine Ballade über die Hilfe aus Deutschland

■ Mandela würdigt vor dem Bundestag die Unterstützung im Kampf gegen Apartheid

Bonn (taz/dpa) – Mit Johann Wolfgang von Goethe auf den Lippen stand Nelson Mandela vor dem Bundestag: „Ja, diesem Sinne bin ich ganz ergeben / Das ist der Weisheit letzter Schluß: / Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben / Der täglich sie erobern muß.“ Der südafrikanische Präsident lieh sich bei dem Klassiker Verse in englischer Übersetzung, um nicht nur die Erfahrung des Sieges über die Apartheid und die neuen Aufgaben Südafrikas zu umschreiben, sondern auch gerechte Beziehungen zwischen allen Nationen und Völkern einzufordern. Mandela sprach die „Unordnung“ der internationalen Wirtschaftsbeziehungen an, „die andere zu Armut und Abhängigkeit verurteilt“. Für sein Land warb er für Investitionen und erinnerte daran, daß Arbeitsplätze und Wohlstand die beste Versicherung für die Entwicklung der Demokratie seien. In seinem poetischen Vortrag, den er selbst als „Ballade“ bezeichnete, würdigte der Gast auch die Hilfe vieler Deutscher im Kampf gegen die Apartheid: „Die Erkenntnis, daß wir alle gleich sind und weder weniger noch mehr verdienen, inspirierte Millionen Deutsche, für den Freiheitskampf in Südafrika zu geben – und großzügig zu geben“, sagte er. Die Spender hätten nicht aus Mitleid gehandelt, „sondern weil sie wußten, daß unser Sieg der ihre sein würde“.

Mandela ist das fünfte ausländische Staatsoberhaupt, das zu einer Rede vor dem Bundestag eingeladen worden war. Gestern morgen hatte der Gast den deutschen Sozialdemokraten für deren Unterstützung gedankt. Die SPD habe schon an der Seite des ANC gestanden, als andere noch mit den Anhängern der Rassentrennung zusammengehalten hätten, sagte Mandela bei einem Treffen mit SPD-Vize Johannes Rau. In einem Gespräch mit Gregor Gysi, dem Chef der PDS-Bundestagsgruppe, erinnerte Mandela nach Mitteilung der PDS auch an die solidarischen Beziehungen zwischen dem ANC und der DDR. Bei einem Staatsbankett würdigte Bundespräsident Roman Herzog Mandela als einen „Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit“. Er habe sich mit seiner Standfestigkeit in Zeiten schlimmster Verfolgung und insbesondere auch in Deutschland höchste Bewunderung erworben, sagte Herzog. Mandela sei für die ganze Welt „ein Vorbild dafür, wie die Gräben einer bitteren, unseligen Vergangenheit überbrückt, wie tiefe Wunden geheilt werden können“. Hans Monath