Trotz Verhaftungen: Birmas Opposition hält durch

■ Am Sonntag soll im Haus der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ein Parteitag stattfinden. Doch die Junta hat vorab 187 der Delegierten verhaften lassen

Bangkok/Köln (taz) – Trotz der jüngsten Massenverhaftungen will Birmas Opposition am Sonntag ihre geplante Parteiversammlung im Haus der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi abhalten. 187 Delegierte der „National League for Democracy“ und vier Angehörige seien seit Anfang der Woche festgenommen worden, teilte Suu Kyi gestern mit. „Wir werden das Treffen dennoch wie geplant durchführen.“ Der Parteitag gilt als wichtigste Veranstaltung der „National League for Democracy“ (NLD) seit dem hohen Wahlsieg der Partei vor sechs Jahren und der Entlassung Suu Kyis aus dem Hausarrest im vergangenen Juli. Ursprünglich waren etwa 300 Personen erwartet worden.

Ein Sprecher der sich „Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung“ (SLORC) nennenden Junta erklärte gestern, die Dissidenten seien nicht verhaftet, sondern würden in „Gästehäusern“ der Regierung festgehalten und befragt. Dies geschehe, um eine Konfrontation zu vermeiden. In einem Kommentar, der gestern in allen regierungstreuen Zeitungen in Birma erschien, heißt es: „Sie (die NDL) sind dabei, die Stabilität und den Frieden des Staates herauszufordern und zu zerschlagen, indem sie – unter dem Vorwand des Gedenkens an den Jahrestag der Wahlen – alle Vorbereitungen treffen, einen oppositionellen Aufstand vorzubereiten.“

1989 hatte die Oppositionspartei zur großen Überraschung der Militärs über 80 Prozent der Stimmen erzielt, was die Junta niemals anerkannte. Viele Delegierte wurden daraufhin inhaftiert, gefoltert, ermordet oder flohen ins Exil.

Am Mittwoch abend hatte Aung San Suu Kyi zu den Verhaftungen erklärt: „Kurzfristig bedeutet dies natürlich, daß weniger Leute an der Konferenz teilnehmen werden als geplant. Langfristig gesehen glauben wir aber, daß alles für uns arbeitet.“ Die Verhaftungen widerlegten zugleich all jene, die glaubten, die Junta sei auf dem Wege zur Demokratisierung. Suu Kyi forderte die internationale Geschäftswelt noch einmal auf, „jetzt noch nicht“ in Birma zu investieren, da dies nur dem herrschenden Militärregime, nicht aber der Bevölkerung nütze.

Gestern forderte die Friedensnobelpreisträgern die Bundesregierung auf, konkrete Schritte gegen die birmesische Junta zu unternehmen. Gegenüber dem englischsprachigen Programm der „Deutschen Welle“ sagte Suu Kyi telefonisch: „Deutschland ist Teil der Europäischen Union. Wir würden es gerne sehen, wenn die EU eine starke Position bezieht gegen die Verfolgung der demokratischen Kräfte“ in Birma. Die deutsche Bevölkerung solle in diesem Sinne Druck auf die Bundesregierung ausüben. Entgegen den Bestrebungen der Junta, den Fremdenverkehr des Landes auszubauen, sollten Reisende Birma meiden. Touristen sollten kommen, „wenn Birma eine Demokratie ist“, sagte Suu Kyi. „Dann werden sie viel mehr Spaß haben.“

Wie weit die Generäle gehen werden, und ob es zu einer gewaltsamen Konfrontation kommt, wird sich möglicherweise schon am Samstag zeigen: Dann tritt Suu Kyi üblicherweise an ihren Gartenzaun, um eine Ansprache an ihre Anhänger zu halten, die zu Hunderten oder Tausenden auf dem Bürgersteig warten. Seit ihrer Freilassung hat die Junta diese Auftritte geduldet – wobei die zahlreich vorhandenen Militärspitzel die mutigen ZuhörerInnen offen filmten und fotografierten. Jutta Lietsch/Hugh Williamson