Zweifel an Täterschaft

■ Mutmaßlicher Synagogenbrandstifter wird voraussichtlich aus U-Haft entlassen

Lübeck (taz) – Die Lübecker Staatsanwaltschaft hat offenbar Zweifel an der Täterschaft des mutmaßlichen Synagogen-Brandstifters. Einen Monat nach der Anklageerhebung gegen den 28jährigen beantragte die Anklagebehörde gestern beim Landgericht Lübeck, den Haftbefehl aufzuheben. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft begründete den Antrag mit einem nun vorliegenden psychologischen Gutachten. Danach sei die Aussage eines 17jährigen Zeugen, der den jungen Mann der Brandstiftung am 7. Mai vergangenen Jahres beschuldigt habe, nicht glaubwürdig. Aufgrund des Gutachtens sei der Grad des Tatverdachtes nicht mehr so hoch, daß eine weiterere Untersuchungshaft zu rechtfertigen sei.

Lediglich bei den Aussagen des Jugendlichen zu mitangeklagten Brandstiftungen auf dem Gelände eines ehemaligen Schlachthofes bescheinigte der Gutachter in Kernbereichen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Keine Stellung nehmen wollte der Sprecher der Staatsanwaltschaft dazu, ob die im April erhobene Anklage gegen den 28jährigen Lübecker wegen des Synagogenbrandes zurückgezogen werde.

Dem Mann, der seit September vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzt, wird vorgeworfen, am 7. Mai 1995 das Feuer an der Lübecker Synagoge gelegt zu haben. Ein steinerner Anbau war dabei völlig ausgebrannt. Der Anschlag hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt, da er genau einen Tag vor dem 50. Jahrestag des Kriegsendes ausgeübt worden war. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte das Verfahren an sich gezogen, es nach der Verhaftung des 28jährigen wieder abgegeben. Wenige Wochen vorher waren zudem vier junge Männer aus Lübeck wegen des ersten Anschlages auf die Synagoge im März 1994 vom Oberlandesgericht in Schleswig zu Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten aus rechtsradikalen und antisemitischen Motiven das jüdische Gotteshaus angezündet. Kersten Kampe