„Spiel ohne Rücksicht"?

■ Behörde streitet intern über Eigenheim-Siedlung <_verseuchtem Industriegelände

„Meine Behörden haben in einem einwandfreien Verfahren bislang alles getan, um die Boden– und Grundwasserkontamination in der Wohnanlage Hansetor umfassend festzustellen“, so steht es in einer Pressemitteilung der Umweltsenatorin Tine Wischer von der vergangenen Woche, Grüne und AfB betrieben ein „Spiel ohne Rücksicht auf Verluste.“ Nur wenige Tage nach dieser vollmundigen Erklärung haben Grüne und AfB Einblick in die internen Behörden-Unterlagen erhalten und ihre Vorwürfe (vgl. taz 7.6.) verschärft: Fragen habe die Umweltsenatorin „falsch beantwortet“, es liege der Verdacht von „Amtspflichtverletzung“ vor, der zuständige Altlasten-Referent müsse „versetzt“ werden, forderte AfB-Politiker Andreas Lojewski. Denn während die Senatorin nach außen eine glatte Oberfläche darstellt, brodelt es intern.

Vor allem das Wasserwirtschaftsamt ist auf Krawall. Denn der Altlasten-Referent Wundes hatte damals grünes Licht für die Bebauung gegeben, ohne daß das Wasserwirt-schaftsamt überhaupt eingeschaltet war. „Nach dem ersten Spatenstich wurde klar, daß das Grundstück stark kontaminiert ist“, heißt es in einem internen Vermerk. Inzwischen geht man behördenintern davon aus, „daß das Grundwasser des gesamten Gebietes weiträumig verseucht“ sein könnte. Bis heute hat die Baufirma Interhomes dem Wasserwirtschaftsamt nicht die Ergebnisse von Wasser-Untersuchungen vorgelegt.

Erst nachdem die Anwohner der Siedlung selbst im vergangenen Oktober in die Öffentlichkeit gegangen sind, hat die Behörde ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Die Baugenehmigung stützte sich allein auf von Interhomes bezahlte Gutachter. „Eine Sanierung des Geländes im herkömmlichen Sinne ist nicht erforderlich“, hatte der Umwelt-Referent Wundes der Baufirma am 26.9.1989 schriflich gegeben. Später wurden Öl-Lager gefunden, die es erforderlich machten, kubikmeterweise Erde auszuheben und in eine Müllverbrennungsanlage zu bringen.

Ein Blick auf den Briefkopf des von Interhomes beauftragten Gutachters Dr. Melzer läßt erstaunen: Der „vereidigte Handelschemiker“ teile Analyse-Werte „der uns übergebenen Bodenproben“ mit. Die Baufirma selbst hat die Bodenproben genommen; kein Wunder, daß in der Analyse des Interhomes-Gutachters genauere Angaben darüber fehlen, wo diese Proben denn genommen wurden.

In einem internen Papier wird das Wasserwirtschaftsamt sehr deutlich über den Interhomes-Gutachter: „Dr. Melzer ist weder Fachmann für Kontaminationsfragen noch ein vereidigter Sachverständiger für Kontaminationsfragen... Bei Kontaminationserkundung muß ein kontaminationserfahrener Fachmann eingeschaltet werden...“ Von „unfähiger Gutachterausführung“ ist in den Behördenakten die Rede, und das hat das Wasserwirtschaftsamt schon früh moniert – aber der zuständige Altlasten-Referent Wundes hat sich über die Einwände hinweggesetzt.

Altlasten-erfahrene Profis aus Hemelingen haben damals schon gestaunt: „Da läßt man doch die Finger von“, sagt Daimler-Benz-Sprecher von Machui zu diesem Grundstück K.W.