„O sol mata“: Der Süden Portugals trocknet aus

■ Durch Eukalyptus-Plantagen und gerodete Wälder wird das Land zur Wüste

Lissabon (taz) – Die Sonne ist unbarmherzig. Sie tötet, sagen die Menschen im Alentejo: „O sol mata.“ Sie dörrt Böden aus, läßt Felder unfruchtbar werden und Flüsse versiegen. Die Region Alentejo, zwischen dem Fluß Tejo und der Algarve gelegen, nimmt fast 30 Prozent Portugals ein. Doch nur acht Prozent der EinwohnerInnen des Landes leben in dieser sonnenverbrannten Agrarregion im Südwesten Europas.

15 Prozent der Alentejo-BewohnerInnen wanderten zudem in den vergangenen zehn Jahren ab. Das verdorrte Land konnte sie nicht mehr ernähren. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen dort beträgt nur 39 Prozent des EU-Durchschnitts. Und als das Fernsehen im Sommer 1994 meldete: „Es gibt Hunger im Alentejo“, klang die Stimme des Nachrichtensprechers dramatisch. Nach vier Dürrejahren verteilte das Rote Kreuz damals gar Lebensmittel an Notleidende.

Weltweit ist die Situation alarmierend. Bis zum Jahre 2050 werden 150 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen, weil das verwüstete Land, auf dem sie leben, sie nicht mehr ernähren kann. Dies prognostizieren AgrarwissenschaftlerInnen auf der heute zu Ende gehenden internationalen Expertentagung in Lissabon über die Erneuerung degradierter Wald-Ökosysteme.

Die Verwüstung macht längst nicht mehr vor Europa halt. Am stärksten betroffen sind Portugal und Spanien. Bereits 1979 warnte die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) vor einer „Prä-Sahelisierung“ im Süden Portugals: Zunächst drohe ein Verschwinden der Bewässerungskulturen, es bleibe nur noch der Trockenanbau. Hinzu komme die gravierende Einschränkung der Trinkwasserversorgung.

Viele Gemeinden im Alentejo haben bereits 1994 das Wasser rationiert. Die intensive Landwirtschaft, durch Abholzung und Brände zerstörte Waldgebiete sowie ausgedehnte Eukalyptus- Pflanzungen laugen den Boden aus. Ein ausgewachsener Eukalyptusbaum braucht täglich bis zu fünfhundert Liter Wasser. Portugal ist Europas größter Produzent von Eukalyptuszellstoff.

Doch die Portugiesen liefern nur den Rohstoff, zu Papier verarbeitet wird er woanders. Die Zellstoffindustrie verdient Millionen, während die portugiesischen Zeitungen unter den steigenden Preisen für importiertes Papier leiden. „Dies ist ein modernes Land“, kommentiert das Lissaboner Blatt Público ironisch. „Es exportiert seine Rohstoffe und ruiniert sich, indem es die Fertigprodukte importiert.“

Rettung für den ausgedörrten Alentejo soll „Alqueva“ bringen. Die Talsperre „Alqueva“ soll den Fluß Guadiana aufstauen und 112.000 Hektar Agrarland bewässern. Vier Milliarden Kubikmeter Wasser soll der Stausee fassen. Doch Skeptiker befürchten angesichts der Trockenheit, daß es 75 Jahre dauern kann, bis der dann größte künstliche Stausee Europas gefüllt ist.

Der Guadiana hat in den vergangenen zwanzig Jahren 56 Prozent seiner ursprünglichen Wassermenge verloren. Bis zum Jahr 2000 werden es nach Angaben der Regierung weitere 17 Prozent sein. Wenn der in Spanien entspringende Fluß im Sommer im Alentejo ankommt, ist er oft nur noch ein dünnes Rinnsal. Die SpanierInnen entziehen ihm für Industrie, Trinkwasserversorgung und Felderbewässerung viel Wasser. Dies gilt auch für die Flüsse Tejo und Douro. Und in der portugiesischen Presse ist immer häufiger von „Wasserkrieg“ zwischen den beiden Ländern der iberischen Halbinsel die Rede.

Der Agrarwissenschaftler Eugénio Sequeira fordert für den Alentejo dringend ein Programm zur Wiederaufforstung mit Bäumen, die wenig Wasser brauchen, wie beispielsweise Mandel- und Johannisbrotbäume. Theo Pischke