Die Verschwundenen I

Auf einmal begannen die Personen

auf seltsame Weise zu verschwinden,

sie verschwanden,

man verschwand reichlich in jenen Tagen

Einer ging Blumen pflücken

und löste sich auf,

man verschwand bei dieser oder jener Adresse

oder auf der Taxifahrt,

schuldig oder nicht,

sie verschwanden beim Verlassen des Büros

oder auf einer Zechtour,

der Trinker verschwand

zwischen einem Schluck Cognac und einer Geste,

der Vater löste sich beim Besuch der Tochter

in Nichts auf, und sie bemerkte es nicht,

Mütter verschwanden, die ihre Kinder und Einkaufstüten

fest an sich drückten, strickende Schwangere

oder Studentengruppen, sie alle verschwanden,

mitten im Kuß verschwanden die Liebenden,

Ärzte verschwanden beim chirurgischen Eingriff,

die Mechaniker lösten sich auf,

ohne den Kurs des Tages anzuschließen,

man verschwand reichlich

in jenen Tagen

und direkt vor der Nase,

doch es war keine Kurzsichtigkeit,

man verschwand auf den ersten Blick, es reichte,

einen Verschwundenen zu sehen,

und der Verschwundene verschwand,

es verschwand der Berühmteste

und der Finsterste,

sogar die Abgeordneten und Präsidenten lösten sich auf,

die abgehobenen Priester stellten wunderliche Dinge

im Jenseits fest,

weil die Sünder wegblieben,

sie verschwanden, man verschwand reichlich

in jenen Tagen,

die Schauspieler auf der Bühne

zwischen einer Geste und der andern, die Zuschauer

in den Logen beim Gelächter.

Nein, es war nicht leicht,

Dichter in jenen Tagen zu sein,

denn in erster Linie verschwanden

die Dichter.

Affonso Romano de Sant'Anna, brasilianischer Dichter, geb. 1937 in Belo Horizonte. Romano de Sant'Anna ist Leiter der Nationalbibliothek und Mitherausgeber de Lyrikzeitschrift „Poesia sempre“. Er lebt heute in Rio de Janeiro.