Kein Sonderzug nach Pankow

■ ADtranz Hennigsdorf profitiert von dem 650-Millionen-Auftrag aus China, Pankow geht leer aus

Der goldene U-Bahn-Zug für Schanghai macht Halt in Hennigsdorf. Das Hauptwerk des Berliner Schienenverkehrsgiganten ADtranz wird die Metrowagen projektieren, herstellen und montieren. Es bekommt damit den Löwenanteil des 650 Millionen Mark schweren Auftrages. Die beiden anderen ADtranz-Werke in Pankow und Reinickendorf gehen leer aus.

ADtranz und Siemens wollen sich den Millionendeal brüderlich teilen, erklärten die Manager Werner Rauer (ADtranz) und Wolfram Martinsen (Siemens) gestern. Siemens läßt den China-Job vornehmlich in seinem Werk in Erlangen ausführen. Lediglich 40 ProjektmanagerInnen des Schanghai- Auftrags ziehen in die Treptower Elsenstraße, wo Siemens nach der Wende das DDR-Werk für Sicherungs- und Signaltechnik Berlin übernommen hatte.

ADtranz Hennigsdorf bekommt den dicksten Brocken des Geschäfts. Das Werk mit seinen 3.400 Beschäftigten hatte bereits die erste U-Bahn für Schanghai gebaut, die letztes Jahr in Betrieb ging. Die erfolgreiche Abwicklung des Auftrags habe den Ausschlag für das erneute Engagement der Hennigsdorfer U-Bahn-Bauer gegeben, meinte Werner Rauer von ADtranz. Der Leiter des Geschäftsbereichs Nahverkehr schätzte, das Chinageschäft sichere 3.000 Arbeitsplätze bei ADtranz, „insbesondere in Ostdeutschland“. Damit meint er das Werk am Rathenaupark in Hennigsdorf und ostdeutsche Zulieferer. Auch wenn Rauer betonte, über einen Teilauftrag für Spandau sei „noch nicht entschieden“, dürfte der Sonderzug an dem Werk vorbeifahren. Die Metrowagen für die neue Ost- West-Linie Schanghais müssen gebaut und ausgestattet werden — dies ist in dem im Bau befindlichen Werk in Pankow nicht möglich, das ein reines Montagewerk sein wird.

ADtranz-Betriebsrat Detlef Muchow ist noch aus einem anderen Grund skeptisch. Er hat das Gefühl, „daß bei ADtranz sogar Leute entlassen werden“. ADtranz ist zwar offiziell seit 1. Januar diesen Jahres gegründet. Aber der Verschmelzungsprozeß der einzelnen Werke ist noch nicht abgeschlossen. Das Reinickendorfer Werk etwa wird aufgelöst – wo die 550 Beschäftigten künftig ihre Brötchen verdienen, ist noch offen. Die Ausstatter gehen nach Pankow, die Ingenieure nach Hennigsdorf – und die Monteure zum Arbeitsamt? Manager Rauer dementierte, sagte aber, es würden „intensive Gespräche mit den Arbeitnehmervertretungen“ geführt. Betriebsrat Muchow wagt keine Prognose: Das Unternehmen ändere sich derzeit rasend schnell. Christian Füller