Angst, Macht und Mythen der Städte

■ The Alchemical Theatre aus New York zeigt eine experimentelle Theaterversion von Das letzte Wort

Es gibt Stücke, da macht es wenig Sinn, den Inhalt zu referieren, denn die Wahl der Mittel und der Sprache lassen das Narrative nebensächlich erscheinen. The Last Word von Maurice Blanchot etwa hat zwar einen Richter als Protagonisten, der sich im Laufe einer Art Krimi-Geschehens im Erlebnis-Strudel einer Großstadt verliert. Das zentrale Thema dieser Erzählung aber ist die Sprache an sich. Wie benutzen, verwandeln Menschen ihre Sprache, wie entstehen unbemerkt Codes im Gebrauch, Symbole, die selbstverständlich scheinen, aber Abgründe mit sich tragen.

Dahinter steht die Suche nach Mythen in einer scheinbar entzauberten Gegenwart und nach den Gründen und Abgründen von Macht. Und in diese Arbeit hat sich das New Yorker Alchemical Theatre vertieft, das mit Das letzte Wort nun zu einem Gastspiel ins monsun-Theater kommt.

Diese freie Gruppe hochkarätiger amerikanischer Schauspieler aus der experimentellen Szene des Living Theatres arbeitet als Kollektiv seit 1981 in der Lower East Side. Die Gruppe, die ihre Mitglieder selbst als „dynamische, provozierende, politische Theaterkünstler“ annonciert, sucht in der Erzählung des französischen Autors und Kritikers gerade nach den Schlüsseln politischer Rhetorik und ihrem sadomasochistischen Subtext, um diese mit Theatermitteln zu verdeutlichen.

Die in der amerikanischen Kunst nicht erst seit der Auseinandersetzung der Künstler mit Aids virulente Körper-Thematik ist auch ein Leitfaden des Alchemical Theatres. Wie wirkt Macht und Angst, übertragen durch Sprache in den verschiedensten Formen, auf den menschlichen Körper. Dazu werden in dem Kollektiv theatralische ebenso wie musikalische und visuelle Experimente erprobt, um dem analytischen Anspruch der eigenen Arbeit mit reflexiven Mitteln einen adäquaten Ausdruck zu geben. Schön wäre es, wenn die Gruppe die 80er-Jahre-Ansätze des Living Theatres dabei weiterentwickeln könnte.tlb

Fr und Sa, 9. und 10. August, 20 Uhr, monsun-Theater