Stau bis 2046

■ BVG fordert Investitionen in den öffentlichen Schienennahverkehr

Mit dem Ausbau der Straßen kann in Berlin das zunehmende Verkehrsaufkommen nicht bewältigt werden. Das ist das Ergebnis einer von der BVG in Auftrag gegebene Studie der „European Transport Consultants (ETC)“. Mindestens 50 Jahre wird es dauern, bis die Straßenverbindungen des Großraums Berlin mit den Straßennetzen anderer deutscher Ballungszentren konkurrieren können. Die Alternative ist nach Ansicht der BVG deshalb die Schaffung eines attraktiven Schienennetzes.

Das Gutachten weist nach, daß die Infrastruktur des Berliner Umlands – bezogen sowohl auf Fläche als auch auf Einwohnerzahl – weit hinter den hochwertigen Straßennetzen der Großräume Frankfurt am Main, Hannover und München zurückfalle. Dieser Rückstand rühre aus der Zeit des Kalten Krieges, als die Teilung der Stadt eine „Metropolen-gerechte“ Verkehrs- und Straßenplanung ausschloß. Nähme man nun einen Baufortschritt von sechs Kilometern jährlich an, wie es auch der Bundesverkehrswegeplan von 1992 vorsieht, dann könnte Berlin im Jahr 2076 mit der Frankfurter Straßenqualität von 1995 Schritt halten; kalkuliere man mit wohlwollenden elf Baukilometern im Jahr, würde Berlin schon 2046 mit der Main- Metropole gleichziehen.

Andererseits, stellt das Gutachten fest, könne sich aber das Schienenverkehrsnetz des Großraums Berlin durchaus mit demjenigen Frankfurts messen. BVG-Vorstand Niklas, der sich als „Lobbyist des öffentlichen Verkehrs, jedoch nicht als Gegner des Straßenbaus“ verstanden wissen wollte, meinte deshalb: „Hier liegt Berlins besondere Aufgabe: Im Bereich der Schiene ist die Funktionsfähigkeit des Stadtverkehrs vergleichsweise schnell zu gewährleisten. Wenn der öffentliche Verkehr entschieden weiter vorangebracht wird, können bereits im Jahr 2005 die Defizite des Straßennetzes durch den Schienenverkehr aufgefangen werden.“

Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte die Studie: „Sie belegt, daß ohne verkehrspolitische Wende Berlin noch weitere 60 Jahre im Dauerstau steht.“ Eva Behrendt