Das Portrait
: Der Ausgestoßene

■ Pramoedya

„Unsere Rechte als menschliches Wesen zu stehlen, ohne jegliche Möglichkeit auf ein faires und unabhängiges Gerichtsverfahren – das ist ebenso, als würde man uns zivilrechtlich für tot erklären, wie Parias aus der Gesellschaft ausstoßen, oder präziser: wie Vieh behandeln“, hat Pramoedya Ananta Toer einmal geschrieben.

Pramoedya, 1925 auf Java geboren, ist der berühmteste Schriftsteller Indonesiens. Er weiß sehr gut, wovon er spricht: Seit über dreißig Jahren lebt er als „Ausgestoßener“ in seinem Land. Wegen seiner Verbindungen zur ehemals legalen Kommunistischen Partei ließ ihn Präsident Suharto kurz nach seiner Machtübernahme Mitte der sechziger Jahre wie viele Hunderttausende andere Indonesier inhaftieren.

Vierzehn Jahre verbrachte Pramoedya auf der Strafinsel Buru. Auch nach seiner Entlassung war er nicht frei. „ET“, ehemaliger politischer Häftling, wurde in seine Papiere gestempelt, und das hieß: Aberkennung der bürgerlichen Rechte, weiterhin strengste Überwachung durch die Polizei. Pramoedya steht bis heute unter „Stadtarrest“. Als er letztes Jahr die bedeutendste Auszeichnung für Schriftsteller in Asien erhielt, den „Ramon-Magsaysay-Preis“, durfte er das Land nicht verlassen, um die Ehrung entgegenzunehmen.

Berühmt wurde Pramoedya durch seine Tetralogie „Garten der Menschheit“, in der er das Leben unter holländischer Kolonialherrschaft im Indonesien der Jahrhundertwende portraitiert. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und er selbst für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen. In Indonesien aber sind seine Werke verboten.

Obwohl es dem 72jährigen gesundheitlich schlechtgeht, verschonen ihn die Behörden bei der gegenwärtigen Verhaftungswelle nicht. Am Montag wurde er stundenlang verhört. Begründung: Pramoedya habe einen Literaturpreis der „Demokratischen Volkspartei“ (PRD) bekommen. Diese linke Oppositionsgruppe wird von der Regierung jetzt als „verräterische“ kommunistische Organisation bezeichnet. Pramoedyas Tochter Astuti berichtete, die Polizei habe „gefragt, warum er eine Ehrung von der PRD bekommen hat. Er hat geantwortet, es sei besser, einen Preis zu erhalten, als 30 Jahre und acht Monate nur Beleidigungen.“ Jutta Lietsch