Haschisch sollte nur noch in kleinen Tagesmengen gedealt werden

■ Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf, wonach vier Kilo Hasch als geringe Menge angesehen wurden

Berlin (taz) – Das umstrittene Lübecker Vier-Kilo-Hasch-Urteil ist endgültig vom Tisch. Fast sang- und klanglos ist der Vorstoß der Richter für mehr Liberalität beerdigt worden.

Erst gestern wurde bekannt, daß vor vier Wochen die zweite kleine Strafkammer das Urteil auf Weisung des Bundesgerichtshofes korrigiert hat. Wie eine Sprecherin des Landgerichts gegenüber der taz bestätigte, ist der Angeklagte zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden.

Im Oktober 1994 hatte die erste kleine Strafkammer unter Vorsitz von Hartmut Schneider die für das Strafmaß bedeutende nicht geringe Menge von Haschisch auf bis zu vier Kilo angehoben. Den Handel mit Haschisch rechtlich deutlich von dem mit harten Drogen abzusetzen hatten die Lübecker Richter damit begründet, daß der einigermaßen geordnete Gebrauch von Haschisch faktisch frei von Bedenken ist und Cannabis keine Einstiegsdroge sei.

Deshalb erhöhten sie den vom Bundesgerichtshof seit 1984 vorgegebenen Grenzwert für den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) von 7,5 Gramm um das fast 30fache auf 200 Gramm THC.

Der Angeklagte war damals wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in elf Fällen zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden. Das Lübecker Amtsgericht hatte ihn zuvor in erster Instanz für drei Jahre hinter Gitter sperren wollen.

Der Handel mit einer geringen Menge gilt nicht als Verbrechen (mit einem Strafrahmen von einem bis 15 Jahren Haft), sondern als milder zu ahndendes Vergehen (ein Monat bis fünf Jahre oder Geldbuße). Bundesweit hatte das Urteil heftige Diskussionen ausgelöst. Die Lübecker Richter waren von einem bayerischen Politiker sogar als „irre Richter“ beschimpft worden.

Einen Etappensieg erreichten die Lübecker Richter im April des vergangenen Jahres. Das Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig wollte damals ihrer Argumentation folgen, mußte aber das Urteil dem Bundesgerichtshof (BGH) vorlegen, weil es von der bisherigen Rechtsprechung abweichen wollte.

Acht Monate später kassierte dann aber der BGH den Richterspruch aus Schleswig und verwies das Urteil über das OLG zurück ans Landgericht Lübeck. Das jetzt vergleichsweise milde Urteil begründete die Kammer übrigens mit der langen Verfahrensdauer. Der Angeklagte hat das Urteil sofort angenommen.

Kersten Kampe