CDU löckt wider Diepgens Kurs

■ Der Regierende schwört CDU vergeblich aufs Kürzen ein. Liepelt: Diskussion um Neuverschuldung ist nur verschoben

Am Dienstag versuchte der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) in einer vierstündigen Koalitionsrunde vor allem die eigene Partei auf den Sparkurs einzuschwören. Doch bereits gestern löckte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Volker Liepelt, wider den Stachel: „Wenn das so weitergeht mit Pauschalstreichungen, machen wir nicht mehr mit“, sagte Liepelt der taz. Der vom Regierenden gekittete Koalitionsfriede gelte, bis der Senat Sparprioritäten gesetzt habe. Dann „geht die Diskussion um die Neuverschuldung wieder los“.

Teilgenommen an der Koalitionsrunde hatten neben dem Regierenden Bürgermeister und Liepelt auch der CDU-Fraktionschef Landowsky. Für die SPD saßen der Landesvorsitzende Dzembritzki, Fraktionschef Böger und Finanzsenatorin Fugmann-Heesing mit am Tisch. Das Treffen war notwendig geworden, weil insbesondere Liepelt und Landowsky in der urlaubsbedingten Abwesenheit Diepgens den Sparkurs der Großen Koalition in Frage gestellt hatten. Erst nach mehrfacher Nachfrage der Finanzsenatorin ließ sich CDU-Fraktionschef Landowsky auf die Aussage ein, er trage die Sparlinie weiter mit, hieß es aus dem Teilnehmerkreis.

Für die CDU-Fraktion scheint der Streit lediglich zurückgestellt. „Die SPD redet nur über die Finanzinstrumente, ohne die Inhalte zu nennen“, beklagte Liepelt die Haltung des Koalitionspartners. Seine Fraktion habe Prioritäten benannt: Arbeitsplätze, Innere Sicherheit, Chancen für die junge Generation. Er warte nun auf die Vorschläge der SPD. Auch die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Senats, die kommende Woche die Eckpunkte des zweiten Blut-und- Tränen-Etats nach 1996 vorlegen sollen, sind für Liepelt nicht sakrosankt. Das werde „auch eine Koalitionsdiskussion“, kündigte Liepelt an.

Die Finanzsenatorin will am 28. August im Haushaltsausschuß einen Finanzbericht vorlegen – und dabei die von der SPD propagierte „Klarheit und Wahrheit“ praktizieren: Das Haushaltsjahr 96 werde das Defizit des Landes um 1,5 Milliarden Mark erhöhen, hieß es im Vorfeld. Im 97er Haushalt liege die Deckungslücke aber nur bei rund 5 Milliarden Mark, hieß es zu einem Bericht der Morgenpost, in dem von 14 Milliarden Mark, die im Etat 97 fehlten, die Rede war.

Diepgen wäre gern ohne ein Gewitter von Haushaltszahlen in die Beratungswochen gegangen. Doch auch da machte ihm die eigene Fraktion einen Strich durch die Rechnung. Der Auftrag zum Finanzbericht stammt von Parteifreund Volker Liepelt. Die SPD denkt nicht daran, davon abzurücken. Christian Füller