Katholiken warnen vor Kapitalismus

■ Anstatt Katholikentag diesmal ein sozialpolitischer Kongreß

esheim

Hildesheim. Der katholische Kongreß in Hildesheim hat vor Fehlentwicklungen der westlichen, kapitalistischen Gesellschaft gewarnt. „Unsere Ordnung der freiheitlichen Demokratie und sozialen Marktwirtschaft hat ihre Bewährungsprobe noch vor sich“, heißt es in der „Hildesheimer Erklärung“, die zum Abschluß des viertägigen Treffens am Sonntag verabschiedet wurde. Der Kongreß mit dem Motto „Solidarität ist unteilbar“ mahnte zu einem gerechten Lastenausgleich zwischen Ost und West, ziwschen Nord und Süd sowie mehr innergesellschaftliche Solidarität. Mehr als 200 Gäste aus allen Erdteilen unter den 2000 Kongreßteilnehmern – darunter Katholiken aus Indien, Ghana, Bosnien, der Ukraine und Lateinamerika – hatten den Gedanken der einen Welt manifestiert.

Obwohl die Debatte im Bundestag um das Sparpaket der Bundesregierung erst zwei Tage zurücklag, vermied der Kongreß eine politische Stellungnahme. „Es wäre uns zuwenig, nur das Sparprogramm zu kritisieren. Dann würden wir hier mit dem Gefühl wieder gehen, unsere Hausaufgaben gemacht zu haben, und in vier Wochen wäre die Erklärung vergessen“, erläuterte die CDU-Politikerin Rita Waschbüsch, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Annette Schavan, Vizepräsidentin des ZdK und Kultusministerin von Baden-Württemberg, hat dennoch beobachtet, daß die Teilnehmer die innergesellschaftliche Situation in Deutschland immer wieder beschäftigt hat.

Um „durch das Nadelöhr der Solidarität“ gerade angesichts der inneren Umwälzungen zu gehen, bilanzierte Hildesheims Bischof Josef Homeyer die Arbeit der Kongresses, müsse der Sozialstaat neu definiert werden. Verkrustete, institutionelle Strukturen müßten aufgebrochen und Ehrenamtlichen mehr Verantwortung übertragen werden. „Es gibt eine große Bereitschaft Kosten zu tragen, zum Verzicht, zum geteilten Leben“, sagte Homeyer. Wir erwarten von den Verantwortlichen, daß sie die einzelnen Menschen und kleineren Gemeinden stärken: Familien, Selbsthilfegruppen, Nichtregierungsorganisationen, heißt es in der Erklärung.

Die „Hildesheimer Erklärung“, die ein Appell an Verbände, Parteien und Institutionen aber auch eine Selbstverpflichtung sein soll, betonte außerdem, daß sich die christlichen Kirchen nicht nur mit sich selber beschäftigen dürfen.

Unter anderem aus Kostengründen hat das ZdK in diesem Jahr keinen Katholikentag veranstaltet. 1998 feiert das traditionsreiche Treffen in Mainz sein 150jähriges Jubiläum. Homeyer betonte, daß es auch in Zukunft weitere katholische Kongresse geben sollte.

Claudia Utermann, dpa