Bremische und Gewoba als Modelle

■ Rudolf Hickel gegen Verkauf / Mieter sammeln Unterschriften

Finanzpolitisch bedenklich, sozialpolitisch falsch und stadtentwicklungspolitisch gefährlich: Die geplante Teilprivatisierung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften wäre nach Meinung des Bremer Finanzwissenschaftlers Rudolf Hickel ein großer Fehler. Eine Mieterinitiative will per Bürgerantrag in der Bürgerschaft die Verkaufspläne der Großen Koalition stoppen.

Bei geschätzten 150.000 Bewohnern von Wohnungen der Gewoba und Bremische hoffen die Aktivisten auf ein Vielfaches der bisher gesammelten 5.000 Unterschriften. Eine davon stammt von SPD-Landesvorstandsmitglied Jürgen Maly.

Hickel, Arbeitnehmervertreter im Gewoba-Aufsichtsrat, nannte vier Gründe gegen eine Änderung der „modellhaften“ Konstruktion: Die Mieten würden bei privatem Gewinninteresse steigen. Dabei machten die Gesellschaften auch heute Gewinn. So habe die Gewoba (74 % Landesbesitz, 26 % bei Landesbank und vier weiteren Banken) 1995 6,84 Millionen an die Eigner ausgeschüttet. Die Jobs der 428 Mitarbeiter könnten unter privater Mit-Regie in Gefahr geraten. Die Stadt gebe Instrumente der Stadtentwicklung aus der Hand.

Die Argumente der Koalitionsspitze für einen Verkauf von jeweils 49,9 Prozent, um den Stadtreparaturfonds aufzufüllen, hält Hickel für schlecht: Wenn man vom erhofften Erlös für die Gewoba (44.000 Wohnungen, 438 Gewerbeobjekte) die 1,5 Milliarden Schulden abziehe, bleibe nicht viel übrig.

Die Bankenvertreter im Aufsichtsrat der Gewoba sorgten schon jetzt dafür, daß die ökonomischen Bedürfnisse gewährleistet seien. Allein die Gewoba investiere 80 Millionen im Jahr in ihren Bestand. Bei einem Verkauf an Private komme „irgendwann der Blick auf eine höhere Rendite“. Der Gesellschaftervertrag der Gewoba lege zudem fest, daß bis 1999 Anteile nur unter den Gesellschaftern verkauft werden dürften. Für den geplanten Gang an die Börse sei die Gewoba wegen ihrer dünnen Eigenkapitaldecke noch nicht reif, sagte Hickel.

Für Gewoba-Betriebsratsschef Ralf Schumann handelt Bremen mit der Betonung der Haushaltsnotlage vor Verkaufsverhandlungen fahrlässig: „So wird die Bude bestimmt nicht mehr wert.“ Statt die Wohnungsbaugesellschaften zu verscherbeln, um mit dem Geld marode öffentliche Gebäude zu sanieren, sollte die Stadt diese an Gewoba und Bremische verkaufen. Die könnten die Reparatur bezahlen und die Liegenschaften an die Stadt vermieten. So würden die Gebäude wieder schön und die öffentliche Kontrolle bliebe indirekt gewahrt. Schumann: „Ich rate der SPD, die Privatisierung zur Koalitionsfrage zu machen.“ jof