Auslieferung ungewiß

■ Fehlendes Abkommen mit Libanon erschwert Auslieferung im Giftgas-Fall

Beirut (dpa) – In der Giftgas- Affäre ist einen Tag nach der Verhaftung des Hauptverdächtigen Berge Balanian in Libanon die Auslieferung des 62jährigen an die Bundesrepublik völlig offen. Dem Libanesen mit deutschem Paß wird vorgeworfen, mit zwei deutschen Managern über Jahre Computer- Technik für Giftgas-Anlagen nach Libyen geliefert zu haben. Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) und libanesische Behörden hatten Balanian am Montag abend auf dem Flughafen der libanesischen Hauptstadt Beirut festgenommen.

Ein fehlendes Auslieferungsabkommen zwischen Libanon und Deutschland erschwere das Verfahren, sagte Oberstaatsanwalt Martin Kuhlen von der ermittelnden Anklagebehörde in Mönchengladbach gestern. Die Staatsanwaltschaft bereite ein entsprechendes Ersuchen vor. Bei der Auslieferung spielten voraussichtlich auch „politische Rücksichten“ eine Rolle.

Der Leiter der libanesischen Strafverfolgungsbehörde, Adnan Adum, sicherte zu, die Vorwürfe gegen den 62jährigen „sehr sorgfältig zu prüfen“. Eine Entscheidung über eine Auslieferung sei noch nicht gefallen. Zuvor müsse untersucht werden, inwiefern sich die Anschuldigungen auf die Beziehungen zwischen Libanon und Deutschland auswirkten. Bei einem Treffen mit deutschen Behördenvertretern in Beirut forderte Adum Deutschland auf, ein Auslieferungsersuchen zu stellen. Inzwischen habe die libanesische Polizei mit Verhören Balanians begonnen, bei denen deutsche Beamte anwesend sein dürften.

Seit August sitzen wegen der Ausfuhr der Geräte von Deutschland über Belgien nach Libyen zwei Manager aus Mönchengladbach in Haft. Dem Trio werden Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen. Balanian gilt als Schlüsselfigur. Bereits in der Vergangenheit war er den Behörden bei Versuchen aufgefallen, Technik für libysche Giftgas-Programme zu beschaffen.