■ Vorschlag
: Gerhard Bohner revisited: Körperzerlegungen im Tanz

Einst hatte er Schlemmers Bauhaus-Tänze rekonstruiert – jetzt wird eine Rekonstruktion seines eigenen Werkes versucht: Den „Schwierigen“ hat der Tanzkritiker der FAZ den 1992 verstorbenen Tänzer und Choreographen Gerhard Bohner genannt. Bohner – ein Empfindlicher, der sich im bürokratischen Stadttheatersystem nicht recht entfalten konnte. Wären da nicht Nele Härtling und Dirk Scheper gewesen, die ihm an der Berliner Akademie der Künste ein geistiges Zuhause boten, Bohners letzte Arbeiten wären vielleicht gar nicht entstanden. So auch „Im (Goldenen) Schnitt I, II, III“ ein dreiteiliges Solowerk. Eine Begegnung mit der bildenden Kunst – mit den Rauminstallationen von Vera Röhm, den Stahlskulpturen Robert Schads und einem Gemälde von Uwe Dreyer –, der Bohner einen choreographischen Baukasten aus 24 Teilen gegenüberstellte. „Wie Bach in seinem Wohltemperierten Klavier [...] durch die Tonarten, geht Bohner seinen Körper vom Kopf bis zu den Füßen durch, registriert und systematisiert Bewegungen“, schrieb damals Dirk Scheper, Sekretär der Abteilung Darstellende Kunst.

Die Rekonstruktion einer solchen Arbeit birgt viele Probleme. Anders als der Gruppentanz lebt der Solotanz ganz und gar von der tanzenden Persönlichkeit. Bohner war allerdings davon überzeugt, daß seine Tänze auch von anderen aufgeführt werden könnten. Und auch der katalanische Tänzer und Choreograph Cesc Gelabert glaubt das, der „Im (Goldenen) Schnitt I“ präsentieren wird. Den Versuch einer Nachahmung wird es jedoch nicht geben. Gelabert sucht seinen eigenen Weg in Bohners Körperzerlegungen, die er als „eine Rede über den Zustand des Menschen“ versteht, „einem Gespräch vergleichbar“, wobei ihm bei der Auseinandersetzung mit den verschiedenen „Abschnitten“ die wundersamsten Dinge widerfahren. Am Sonntag gibt es darüber hinaus eine Akademie-Debatte zum Thema Tanz, an der u.a. Christoph Marthaler und Reinhild Hoffmann teilnehmen. Michaela Schlagenwerth

Heute bis 20.10., 20 Uhr, Akademie der Künste, Hanseatenweg 10; Akademie-Debatte Tanz: 20.10., 11.30 Uhr