Nord-Grüne gespalten

■ Parteitag zum AKW Krümmel und zu Rot-Grün

Die rot-grüne Koalition in Schleswig-Holstein ist am Wochenende an ihrer ersten großen Krise vorbeigeschrammt. Die Nord-Grünen jedoch sind ins Unglück geschlittert. Die Partei hat sich selbst lahmgelegt und zugelassen, was Koalitionskritiker in den eigenen Reihen verhindern wollten: Die Landtagsfraktion und die Regierungsmitglieder werden sich als politikfähige Elite profilieren und künftig ganz das Bild der Partei im nördlichsten Bundesland prägen. Auf der Landesdelegiertenkonferenz wurde der Bruch manifest. Die Flügel werden sich gegenseitig zerfleischen, so daß den Amtsträgern nichts anderes bleibt, als die Politik von oben zu diktieren.

Ausgerechnet das Thema Stillegung des Atommeilers Krümmel hatten sich die Delegierten für eine neue Debatte über das rot-grüne Bündnis ausgesucht. Dieses Thema verdeutlicht drastisch den Riß innerhalb der Bündnisgrünen – zwischen denen, die Politik aus dem Bauch heraus machen und auf die Gefühle der Menschen setzen, und denen, die seit knapp einem halben Jahr in der Verantwortung stehen und mit der Realität konfrontiert sind. Die Amtsinhaber haben jedoch vergessen, auf ihren knapp sechsmonatigen Lernprozeß ihre Partei mitzunehmen. Genau das schwächt das Zusammenspiel mit der SPD.

Auf den ersten Blick ist mit dem 60:40-Ergebnis die Mehrheit für die Koalition zwar dieselbe wie zu Beginn des Bündnisses. Die rot-grüne Koalition scheint nicht gefährdet. Aber wenn die Koalitionsbefürworter nicht die Kritiker einbinden, statt sie auszugrenzen, haben die Gegner eine Chance. Denn auch sie beginnen sich zu organisieren. Die neugegründete Arbeitsgruppe „Basis-Grüne“ könnte zum Sammelbecken für Unzufriedene werden. Die Fundis brauchen nur zu warten, bis sich bei den Mitgliedern genug Frust angesammelt hat, um erneut aufzumucken. Themen, die von den Grünen Kompromisse fordern und gleichzeitig die Emotionen schüren, gibt es genug: der Bau der Ostseeautobahn, die Mülltransporte, die Erweiterung des Nationalparks Wattenmeer.

Diese Landesdelegiertenkonferenz hat den innerparteilichen Konflikt bei den Bündnisgrünen in Schleswig-Holstein nicht entschärft, sondern nur vertagt. Kersten Kampe

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