Grüne Schonfrist in Kiel

■ Im Streit um das AKW Krümmel: Grüne wollen keinen Sonderparteitag

Kiel (taz) – Der zerstrittene Landesvorstand der schleswig-holsteinischen Bündnisgrünen hat eine Bewährungsfrist bekommen. Die 30 Delegierten des sogenannten kleinen Parteitages lehnten am Sonntag abend einen Antrag ab, einen Sonderparteitag für Neuwahlen des Landesvorstands einzuberufen. Angenommen wurde aber mit 16 Ja-, 13 Neinstimmen und einer Enthaltung ein Antrag, wonach auf dem nächsten turnußmäßigen Landesparteitag im Juni die Vertrauensfrage gestellt werden soll.

Der in Gegner und Befürworter der Kieler rot-grünen Koalition gespaltene Vorstand hatte sich selbst als handlungsunfähig bezeichnet. Zum offenen Bruch war es in der Diskussion um das Wiederanfahren des Atomkraftwerks Krümmel Anfang November gekommen. Am Sonntag debattierten die Grünen fast vier Stunden sachlich und ruhig die Krise des Vorstands, um sie dann anschließend nicht zu beenden, sondern zu vertagen. Aufgrund der stundenlangen Selbstbeschäftigung geriet die anschließende inhaltliche Diskussion über das Atomkraftwerk Krümmel ins Hintertreffen. Zu später Stunde verabschiedeten die wenigen noch anwesenden Delegierten einstimmig zwei Anträge: Zum einen wird die Landtagsfraktion aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Thema Krümmel zu prüfen. Mit diesem klassischen Instrument der Opposition sollen mögliche Versäumnisse bei der Überwachung und Fertigung des Reaktordruckbehälters (RDB) untersucht werden. Die sechs Landtagsabgeordneten allein können die Einsetzung eines solchen Ausschusses nicht erreichen, gebraucht werden im Landtag mindestens 15 Stimmen. Eine Stellungnahme der SPD war gestern nicht zu erhalten. Es wird aber davon ausgegangen, daß bei dem Bündnispartner große Vorbehalte gegen das Vorhaben bestehen. Mit dem zweiten Antrag wird das Energieministerium und dessen grüner Staatssekretär aufgefordert, von den Betreibern des AKW die Herausgabe der RDB- Fertigungs- und Überwachungsakten zu fordern. Kersten Kampe