Kivu-Gold in Rebellenhand

■ Die Rebellen-Allianz von Laurent Kabila erobert auf ihrem Vormarsch wichtige Goldvorkommen Zaires

Die wichtigsten Goldminen von Zaire werden der Rebellen-Allianz von Laurent Désiré Kabila in die Hände fallen – wenn ihr Vormarsch gegen die zairische Armee nicht noch aufgehalten wird. Der zairischen Tageszeitung La Référence Plus aus Kinshasa zufolge haben die Rebellen am 2. Dezember die Stadt Kamituga eingekesselt. Dort befindet sich der Sitz von Sominki, der Bergwerksgesellschaft der Region Kivu. Letztes Jahr hat ein Konsortium, dem die britische Gesellschaft Cluff Mining und die kanadische Firma Banro angehören, der Sominki die Abbaurechte für Tausende Quadratkilometer abgekauft.

Bereits Ende November hatten Missionare gemeldet, daß sich zairische Soldaten und Rebellen etwa 100 Kilometer nordwestlich des Gebietes Gefechte geliefert hatten. Dort befindet sich eine der Landebahnen, die von der Sominki genutzt wurde. Am 4. Dezember behaupteten die Rebellen, daß sie die Stadt Kindu am Fluß Zaire erobert hätten. Diese liegt bereits auf der anderen Seite der Minen und gilt als wichtiger Militärstützpunkt Zaires. Die Behörden und das Internationale Rote Kreuz haben die Eroberung von Kindu durch die Rebellen zwar bestritten. Doch kein Zweifel, daß sich die Vorkommen, etwa hundert Tonnen reines Gold, nun im Besitz der Rebellen befinden.

Fraglich ist, ob Kabila und seine „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo- Zaire“ unmittelbar von ihrer „Beute" profitieren können. Denn „unbekannte“ Plünderer, vermutlich zairische Militärs, haben die Goldbarren aus den Tresoren der Sominki mitgehen lassen. Auch die Technik soll zerstört worden sein. Ein gravierender Verlust, denn das Gold muß vorwiegend unter Tage abgebaut werden. Dafür wird eine hochentwickelte und äußerst teure Technik benötigt.

Trotzdem könnten die Rebellen die Goldklumpen, die sich im Einzugsbereich abgelagert haben, in Geld umsetzen. Damit können sie ihre Kriegs- und Propagandaaktionen finanzieren. Insgesamt setzt Zaire nach offiziellen Angaben mehr als acht Tonnen Gold, etwa hundert Millionen Dollar um, ein großer Teil soll schwarz abgebaut werden und dem Regime von Mobutu Sese Seko zugute kommen.

In den beiden Provinzhauptstädten des Kivu, Bukavu und Goma, wirbt Kabila um die zairische Bervölkerung. Er hat das Geld der Banken verteilt: zum einen an die seit drei Monaten unbezahlten Beamten, zum anderen an zairische Deserteure, die angeblich in Scharen zu den Rebellen überlaufen. Und neben der Ernennung neuer Gouverneure hat der Rebellenchef auch in der Zuckerfabrik von Kiliba (3.000 Arbeiter) einen neuen Verwalter eingesetzt.

Kabila hat sich mit dem Zugriff auf die Ressourcen zu einem unumgänglichen Gesprächspartner gemacht: nicht nur wie bisher für die UN und die NGOs in Sachen humanitärer Hilfe, sondern auch für die in Zaire niedergelassenen ausländischen Firmen.

Auch mit ihrem Vorstoß in den Norden – der Einnahme der von Goma über 300 Kilometer entfernten Städte Beni und Bunia, die an der Grenze zu Uganda liegen – werden die Rebellen auf Gold treffen. Bunia liegt am Rand des riesigen Abbaugebietes der Goldminengesellschaft Office des Mines d'Or von Kilo-Moto (Okimo). Es ist 83.000 Quadratkilometer groß und soll Vorräte von mehr als hundert Tonnen Gold besitzen.

Letzten August hat die zairische Regierung der amerikanisch-kanadischen Gesellschaft Barrick Gold Corporation die Rechte für fast das ganze Gebiet der Okimo übertragen. Barrick Gold ist nach der südafrikanischen Firma Anglo American die Nummer zwei auf dem Weltmarkt. Im Vorstand sitzen einflußreiche Persönlichkeiten: der amerikanische Ex-Präsident und Ex-Chef des CIA, George Bush, der kanadische Ex-Premierminister Brian Mulroney und der ehemalige Leiter der Bundesbank Karl-Otto Pöhl. Kabila kennt wohl diese Details und wird versuchen, sich den politischen und finanziellen Einfluß dieser Leute zu sichern, wenn er das Gebiet der Okimo einnimmt.

Wer sollte ihn auch daran hindern? Die zairische Armee steht dem Voranschreiten einer dritten Rebellenfront gegenüber, die von Bukavu das westlich gelegene Walikale eingenommen haben soll und sich auf dem Marsch auf Kisangani in Haut-Zaire befindet. Am 5. Dezember waren die Rebellen bereits weniger als 350 Kilometer von Kisangani, der Hauptstadt der Provinz Haut-Zaire, entfernt. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel verlautet allerdings, daß die Offensive auf erheblichen Widerstand stößt.

Am Mittwoch waren der Präsident der nationalen zairischen Unternehmervereinigung Jean Bemba Saolona und andere des Mobutu-Clans in Paris. Ihr Ziel: der zairischen Armee die bisher fehlende Unterstützung aus der Luft zu besorgen. Zu diesem Zweck hätten sie mehrere Kampfhubschrauber Puma und Düsenjäger Mirage gekauft, Ukrainer und Polen würden als Piloten engagiert. François Misser