Stasi-Quellen aus dem Reißwolf

■ Neue Liste über Westberliner IMs aufgetaucht

Eine neue Liste des MfS ist aufgetaucht, sie wartet jedoch noch auf ihre Entschlüsselung: Von „Bank“ bis Zeitz“ reicht die Reihe der aufgeführten IMs, von „Becher“ bis „Zyklon“ die Tarnnamen der „Kontaktpersonen“ (KP). Auf der Liste von 1989, die in der Gauck-Behörde zwischen zerrissenen Papieren entdeckt wurde, stehen über 90 Personen aus Westberlin, die entweder direkt Informationen geliefert haben oder als Kontaktpersonen „abgeschöpft“ wurden. Die Behörde ist dabei, die Tarnnamen zu entschlüsseln.

Einer, der laut Spiegel als „KP“ geführt worden sein soll, ist der Kulturpolitiker der CDU, Uwe Lehmann-Brauns. Unter dem Tarnnamen „Schiller“ steht auf der Liste zur Person nur „Rechtsanwalt“ und „eigenes Büro“. Diese Angaben treffen auf Lehmann- Brauns zu. Er bestreitet jedoch, jemals mit der Stasi im Kontakt gestanden zu haben. „Und wenn ich gemerkt hätte, daß ich abgeschöpft worden wäre, hätte ich diesen Kontakt sofort abgebrochen“, versichert er gegenüber der taz. Auch die Gauck-Behörde wollte nicht bestätigen, daß Lehmann-Brauns „Schiller“ gewesen ist.

In den Dokumenten tauchen als Kontaktpersonen vor allem Mitarbeiter von TU und FU auf – vom Studenten bis zum Hochschulprofessor. Ein Politologe aus dem Abgeordnetenhaus, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Bezirksamtes, ein Polizeiangehöriger mit dem Arbeitsplatz „Senat“ und ein Mitarbeiter eines „Parteiapparates“ sind die Quellen in der Politik. Bei den Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) ist die politische Klasse des alten West-Berlin noch besser vertreten. Zehnmal ist als Arbeitsstelle „Senat/WB“ (WB = West- Berlin) benannt. Auch bei den IMs kommen laut Liste viele Zuträger aus dem Uni-Bereich. Und sogar die Schering AG, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Siemens AG hatten einen Westberliner IM in ihren Reihen. Barbara Junge

Siehe Interview mit Uwe Lehmann- Brauns auf Seite 23