Die Bodo-Bombentiger

■ Anschläge im Osten Indiens: 38 Leichen aus gesprengtem Zug geborgen

Guwahati/ Neu-Delhi (AFP/ dpa/AP) – Nach dem verheerenden Bombenanschlag auf einen vollbesetzten Personenzug am Montag haben mutmaßliche Unabhängigkeitskämpfer am Mittwoch im ostindischen Bundesstaat Assam eine Eisenbahnbrücke in die Luft gesprengt. Bei dem Anschlag rund hundert Kilometer nördlich der Stadt Guwahati wurde niemand verletzt, jedoch hatte ein Güterzug die Brücke kurz vor deren Einsturz überquert.

Aus den Trümmern des gesprengten Zuges wurden bis gestern 38 Leichen geborgen. 63 Überlebende befanden sich mit zum Teil schweren Verletzungen im Krankenhaus. Die Zahl der Toten könne sich noch erhöhen, hieß es. Erste Befürchtungen, wonach 300 Menschen ums Leben gekommen sein könnten, bestätigten sich bisher nicht. Die Verletzten wurden von der Unglücksstelle in der Nähe der Ortschaft Fakiragram in ein Krankenhaus im benachbarten Bundestaat Westbengalen gebracht. Die Ärzte des Bezirkskrankenhauses von Kokrajhar waren vorige Woche aus Protest gegen die Ermordung eines Kollegen durch Bodo-Rebellen in den Streik getreten. Nach bisherigen Ermittlungen explodierten zwei ferngezündete, etwa zehn Meter voneinander entfernt zwischen den Gleisen plazierte Bomben unter dem Zug. Sie zerstörten einen Schlafwagen und beschädigten zehn andere Waggons.

Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. Nach Polizeiangaben gehen beide Attentate sowie ein zuvor verübter Anschlag auf eine wichtige Straßenbrücke auf das Konto der „Bodo-Befreiungstiger“. Die Rebellen kämpfen seit 1987 für die Unabhängigkeit ihrer Heimat, die sich über Assam und andere Bundesstaaten erstreckt. In dem bewaffneten Konflikt wurden bislang mehrere tausend Menschen getötet, darunter in den vergangenen drei Jahren etwa 500 indische Soldaten und führende Politiker von Assam. Die Bodo, etwa 3,25 Millionen der 25 Millionen Einwohner Assams, sind zumeist Christen und entfernte Abkömmlinge mongolischer Einwanderer. Sie fühlen sich von der Hindu-Mehrheit in Assam benachteiligt. Ein im Februar 1993 geschlossenes Abkommen, das die Schaffung eines „Autonomen Rates der Bodo“ in einem Selbstverwaltungsgebiet innerhalb von Assam vorsah, ging radikalen Kräften nicht weit genug; diese griffen dann zu den Waffen. Im Dezember 1996 verlangten sie erstmals einen eigenen Bundesstaat, was die indische Regierung ablehnt.