Neue Indizien gegen Dolgenbrodter

■ In Dolgenbrodt werden drei weitere Männer verhört: Sie sollen am Brand des Flüchtlingsheims mitschuldig sein

Berlin (taz) – Im Fall Dolgenbrodt sind die Ermittlungen auf drei weitere Einwohner des Ortes ausgedehnt worden. Drei Männer werden der uneidlichen Falschaussage verdächtigt, zwei von ihnen auch der Beteiligung an dem Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in ihrem Dorf im November 1992. Am Montag und am Dienstag sollen die drei Männer vernommen werden, sagte die Staatsanwältin Petra Marx in Frankfurt (Oder) gestern zur taz. Einer von ihnen war zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt.

Möglicherweise werden in den nächsten Wochen auch noch weitere Dolgenbrodter vernommen werden, die nach Aussagen der Staatsanwältin als Zeugen im Zusammenhang mit dem Brandanschlag möglicherweise die Unwahrheit gesagt haben.

In Dolgenbrodt, rund 50 Kilomter südöstlich von Berlin, war am 1. November 1992 ein unbewohntes Asylbewerberheim abgefackelt worden. 1995 war in einem Revisionsverfahren Silvio J. zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, die Tat nicht nur geplant und ausgeführt zu haben, sondern dazu von Bewohnern des 260-Seelen-Dorfes mit 2.000 Mark Belohnung angestiftet worden zu sein. Bekräftigt wurde diese Vermutung Mitte dieses Monats, als der inzwischen 27jährige Silvio J. erklärte, er habe nicht nur Geld aus Privatkassen für den Brandanschlag bekommen, sondern sich seither sein Schweigen bezahlen lassen.

Noch am selben Tag wurde der Blumenhändler Thomas O. verhaftet. Er sitzt seither in U-Haft. Laut Marx wird er der Beihilfe verdächtigt. Doch nicht nur Silvio J. hat ihn belastet, wie Staatsanwältin Marx erklärt: „Zeugen haben Silvio J. noch in der Brandnacht mit dem sogenannten Klingelbeutel von Thomas O.s Hof kommen sehen.“ Sie erwartet bei der nächsten Vernehmung ein Geständnis von Thomas O. – „das drängt sich einfach auf.“ Sofern sich „keine neuen Dinge auftun“, könne es dann „in Bälde“ zur Anklageerhebung kommen.

Bei den Vorladungen am Montag und Dienstag handelt es sich, so Marx, „um Nebenprodukte des gelaufenen Verfahrens gegen Silvio J., die es jetzt abzuarbeiten gilt“. Marx hofft, in dem Verfahren gegen Thomas O. auch einen Teil dieser „Nebenprodukte“ behandeln zu können. Die drei Geladenen hätten bereits als Zeugen im Hauptverfahren „erkennbar nicht die Wahrheit gesagt und waren deshalb nicht vereidigt worden“.

Sie sollen nicht die letzten sein: Staatsanwältin Marx will „den stinkenden Fisch vom Kopf her aufrollen“ und sich jene Dolgenbrodter noch einmal vorknöpfen, die im Prozeß durch widersprüchliche Aussagen und offensichtlich Lügen geglänzt hatten. Ulrike Winkelmann