Platzverweis für Polizei

Eskalation auf dem umstrittenen Bauwagenplatz Gaußstraße in Altona: Haschischsuchende Ordnungshüter ergreifen die Flucht  ■ Von Paula Berrit

Polizeihubschrauber kreisen über dem Platz. Genervt blickt ein Punker nach oben: „Scheiße, was geht jetzt wieder ab?“ Ein Hund kommt bellend angerannt, ein zweiter, drei, vier, fünf. Sie fallen übereinander her. Mehrere Männer schreien in das beißende Knäuel: „Hey Alter, halt's Maul!“ Wein- und Bierflaschen werden geschwungen, einer tritt mit voller Wucht einem Schäferhund in die Seite. Eine Frau, die etwas von „aufpassen“ murmelt, bekommt zu hören: „Du Fotze, verpiß Dich!“ Die Hunde werden auseinandergezerrt. Friede auf dem Altonaer Bauwagenplatz Gaußstraße?

Die BewohnerInnen sind geladen. In der Nacht zum Donnerstag hatte es gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei gegeben. Nachdem Zivilfahnder beobachtet haben wollen, wie zwei 13 und 14 Jahre alte Jungen auf dem Bauwagenplatz Haschisch erwarben, griff die Polizei an: 40 bis 50 Bereitschaftspolizisten stürmten mit Helmen, Schlagstöcken und Schilden bewaffnet auf den Platz. Sie wollten den vermeintlichen Dealer festnehmen, den sie nach einer Beschreibung der Kids auch fanden.

Die Situation eskalierte: Ein Punker riß seinen Kumpel aus dem Polizeigriff, andere unterstützten ihn dabei und nahmen den Befreiten in Deckung. Unter dem Hagel von Flaschen und Steinen zogen die Polizisten sich zurück. Sechs Beamte wurden leicht verletzt.

„Die wollten doch provozieren“, knurrt einer der Punker zwischen zwei Schluck Bier. Ein zweiter: „Wenn die aus der Mörkenstraße kommen, sieht es hier anders aus“, wendet sich abrupt ab und seinem Bauwagen zu. „Die von der Mörkenstraße“ sind Polizisten vom zuständigen Altonaer Revier. Erst am Vortag hatten sie eine Razzia durchgeführt. Obwohl ebenfalls rund 20 Polizisten einen Wagen durchsuchten, blieb es – anders als bei dem Einsatz der Bereitschaftspolizei – friedlich.

Daß Polizeieinsätze nicht automatisch derart aus dem Ruder laufen müssen wie Donnerstag nacht, sieht der Altonaer Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer (SPD) als Erfolg seiner Deeskalationspolitik. Als eine seiner ersten Amtshandlungen rief er im Spätsommer einen Runden Tisch ins Leben, an dem die Zukunft des umstrittenen Bauwagenplatzes verhandelt werden soll. Im Dezember wurde der Platz entmüllt. Zudem hat Hornauer Gespräche um Sozialwohnungen bemüht, „nur für die, die vom Platz wegziehen wollen“.

Eine gewaltsame Räumung „würde jeder vernünftige Mensch ausschließen“, warnt Hornauer. Doch in der Hamburger Politik gelten bisweilen andere Maßstäbe. „Sie wissen ja gar nicht, wer heute schon mit der Aufforderung, loszuräumen, bei mir angerufen hat“, deutet der Bezirksamtsleiter an. Gestern meldete sich prompt die Altonaer Statt Partei mit Räu-mungsforderungen zu Wort.

Daß die Eskalation der Vornacht vielen ganz gelegen kommen könnte, fürchtet auch Wilhelm Wenzel, der seit dem Bezug des Platzes im Herbst 1992 dort als Streetworker arbeitet. „Offenbar war es lange Zeit zu ruhig dort“, befindet er. Mit der Ruhe ist es vorerst vorbei. Polizeihubschrauber kreisen.