SPD-Linke gefrustet

■ Tagung des Frankfurter Kreises: Ratlose Debatte über die Gegenwart

Bonn (taz) – Die Kritik klang ungewohnt. Der öffentliche Dienst, lästerte ein hessischer Sozialdemokrat ironisch, sei doch offenbar die „krankmachendste Beschäftigung in der Welt“. Jeden Blaumacher würden die Ärzte doch krankschreiben. Da klopften gar einige Genossen auf die Holztische. „Früher“, sagt jemand, „wäre er aus dem Saal gepfiffen worden.“

Doch trotz neuer Töne – von Aufbruch war am Wochenende bei der Tagung der SPD-Parteilinken in Oer-Erkenschwik wenig zu spüren. Die Arbeitslosigkeit, orakelten einige Mitglieder vom „Frankfurter Kreis“, sei nicht zu beseitigen, weil das Wachstum nicht mit der technologischen Entwicklung Schritt halten könne. Die Arbeitszeit und auch die Löhne müssen sinken, folgerte einer. Die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn schilderte bedrückt, daß modernste Druckereimaschinen etwa 50 Leute ersetzen können. Von einer Umweltoffensive der SPD sprach die Umweltministerin nicht. Und über die Asylgesetzgebung hielt zwar Herta Däubler-Gmelin einen Vortrag und trotzdem schrie jemand später geradezu verzweifelt auf: „Und wo bleiben die Menschenrechte?“ Hatte also die Juso-Vorsitzende Andrea Nahles recht, die beklagte: „Wir delegieren Umwelt und Bürgerrechtsfragen an die Grünen und versuchen uns als regierungsfähiges Anhängsel zu profilieren.“ Bekannte Rezepturen der SPD kamen auf den Tisch: Teilzeitarbeit, weniger Überstunden, Ökosteuer, keine Nettoentlastung bei der Steuerreform. Weitergehende Forderungen standen vor allem in den vorbereiteten Papieren. Da wurde etwa „Keynes 2000“ gefordert. Ein kreditfinanziertes Programm für Beschäftigung in Höhe von 35 Milliarden Mark jährlich soll etwa 500.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Mit weiteren 10 bis 15 Milliarden Mark sollen ökologische Zukunftsinvestitionen angeschoben werden.

Abgewatscht wurde der Parteivorstand für die Thesen der Kommission „Fortschritt 2000“ zum Thema „schlanker Staat“. Statt staatliche Leistungen zu reduzieren, müsse die Qualität der öffentlichen Dienstleistung erhöht werden.

Doch die Leidenschaften lagen woanders. Viel Zustimmung fand einer, der dann doch noch die Ausländer-Integration als Wahlkampfthema propagierte. Unmut schlug hingegen Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering entgegen, als er die Bekämpfung der PDS forderte. In einem aber waren sie sich mit ihm einig: „Wir wollen die Wahl gewinnen“, rief Detlev von Larcher, Sprecher des linken Kreises. Aber er schmunzelte dabei, als glaubte eh keiner daran. Markus Franz