Schwarzes Selbstbewußtsein

„Wir sprechen hier von kollektiver schwarzer Selbstfindung“, konstatiert Bell Hooks in ihrem Aufsatz „The Chitlin Circuit – über die schwarze Community“. Doch nicht nur der, sondern alle Essays in ihrem Buch „Sehnsucht und Widerstand“ müssen unter diesem Motto gelesen werden.

Unoriginell wäre es also, der schwarzen US-amerikanischen Professorin vorzuhalten, daß sie auch bloß Identitätspolitik betreiben wollte. Im Gegenteil: Jenseits des stumpf-patriarchalen schwarzen Nationalismus versucht Hooks, Bilder schwarzen Selbstbewußtseins zu zeichnen. Dem allgegenwärtigen Terror des schwarzen Machismo, wie er von schwarz-nationalistischer und weiß-dominanter Kultur gleichermaßen propagiert wird, stellt sie Entwürfe von gleichberechtigter Vertrautheit und Solidarität entgegen.

Hooks bezeichnet sich als Kulturkritikerin. Gegenstand ihres Interesses ist allerdings vornehmlich die US-amerikanische Mainstream-Filmkultur, deren rassistische Praktiken sie mit ihren Erfahrungen von familiärer Zusammengehörigkeit kontrastiert. Auf diese Weise gerät der bös-manipulative Film schnell in Gegensatz zur gut-authentischen Heimat auf Omas Veranda, damals am Mississippi.

Der tümelnde Effekt wird durch das Vokabular noch unterstrichen: Ist mit „people“ die Gruppe gemeint, die dadurch, daß sie Probleme teilt, auch als solche benannt werden kann, klingt das übersetzte „Volk“ schon zu sehr nach dem „Essentialismus“, dem Hooks ja aus dem Wege gehen will.

Obwohl hierzulande später erschienen als die „Black Lools“, ist „Sehnsucht und Widerstand“ älter und in den USA schon 1990 erschienen. Das erklärt, warum das Buch manchmal merkwürdig unaktuell wirkt: HipHop fehlt fast vollständig; die Pop- und Filmsternchen sind dank ihres frühen Verfallsdatums schon leicht ranzig.

Der Effekt, den Hooks Kritik hat, geht dennoch nicht verloren: Irgendwie war ja klar, daß aus schwarz-feministischer Sicht auch die identitätskritische und für liberal gehaltene Hochglanzmagazin- und Hollywood-Kultur rassistisch und sexistisch ist. Das vergißt sich bloß so leicht. Ulrike Winkelmann

Bell Hooks: „Sehnsucht und Widerstand“. Orlanda Frauenverlag, Berlin 1996, 230 Seiten, 36 DM