■ Soundcheck
: Gehört: Tzadik Festival

Gehört: Tzadik Festival. Jazz, Psychedelic, Hardcore, Reggae, Funk, Krach und Klezmer: Wer sich für viele Musikstile begeistert, wer Experimente liebt und einen Sinn fürs Schräge hat, der war in der Markthalle am Freitag und Samstag am richtigen Platz. Aber nur ein kläglich kleines Häuflein hatte sich dort versammelt und wurde Zeuge der ersten europäischen Live-Präsentation des Avantgarde-Labels Tzadik, das der New Yorker Saxophonist und Komponist John Zorn 1995 gegründet hat.

Zwei Kulturen prallten aufeinander, stießen sich ab und vermischten sich: die amerikanisch-jüdische Tradition des Jazz und Klezmer, repräsentiert durch das Anthony Coleman Trio sowie David Krakauers Klezmer Madness, und die elektronisch-experimentell orientierte Musik von drei japanischen Gruppen.

Klezmer Madness bildeten den furiosen Auftakt und ersten Höhepunkt des Festivals. Was aus der Klarinette von David Krakauer jammerte, schrie und klagte, erinnerte zunächst an das traditionelle Spiel des israelischen Klezmer-Gurus Giora Feidman, der mit wallendem Weißhaar und salbungsvollen Gesten erst vor wenigen Monaten als Bläser des Jüngsten Gerichts in der ausverkauften Musikhalle auftrat. Doch Klezmer Madness kommen ohne solch falsches Pathos aus. Entspannt und mit enthusiastischer Spielfreude kreierten sie auf der Basis der von osteuropäischen Juden entwickelten Klezmer-Musik rockige, jazzige und marschmusikähnliche Töne und schafften es mühelos, das Publikum zu Beifallsstürmen hinzureißen.

Eher lustlos wirkte dagegen das Anthony Coleman Trio mit seinem unterkühlten Jazz, den lateinamerikanische Rhythmusschnipsel auch nur auf lauwarme Temperatur hochputschten. Anders das japanische Duo Ruins: Tatsuya Yoshida traktierte sein Schlagzeug wie von Sinnen, Hisashi Sasaki machte Krach auf dem Baß, nur unterbrochen von manchem lakonischen „Thank you“als Signal zum Applaus, bevor er in einem Affenzahn weiterwummerte.

Subtilere Ausflüge ins Krachland bot die japanisch-amerikanische Gruppe Death Ambient zwischen Glockenklängen, psychedelischen Welten und Sirenengeheul. Hoch konzentriert wirkte auch die Band um den kanadischen Geiger Eyvind Kang, der traditionelle japanische Klänge mit Reggae, Funk und Hardrock vermischte. Da wippten sogar ein paar Füße im leeren Saal oder wiegte sich gar ein vereinzelter Kopf im Takt.

Kira Moll