Glänzen wie am ersten Tag

■ "Star Wars" kommt aufgehübscht zurück nach New York - und wieder stehen die Menschen familienweise um die Häuserblocks

Auf der Rolltreppe des Chelsea Cinema quieken zwei neunjährige Mädchen vor Begeisterung. „Han Solo ist echt cool“, plappert die eine, die andere kontert: „Nein, Luke Skywalker ist cooler.“ Derweil schwärmt ihre Mutter von der Parallele zu Wagners „Ring“.

Die Rede ist von „Star Wars“, natürlich, George Lucas' berühmter Weltraumsaga aus dem Jahre 1977, die jetzt in einer restaurierten Fassung noch mal in die Kinos kommt. Und wie schon damals, strömen in Amerika auch heute wieder die Massen, stehen um drei Häuserblocks Schlange. „Für mich“, sagt Nancy Greenberg (37), „ist es ein Stück Geschichte.“ Nicht nur für sie. Jeder Amerikaner zwischen 30 und 50 hat das galaktische Märchen mindestens einmal gesehen, viele ein gutes dutzendmal. Filmfiguren wie Prinzessin Leia mit ihrer Bagel-Frisur, C-3PO, der Roboter mit den tadellosen englischen Butler-Manieren, oder der asthmatische Weltraumbösewicht Darth Vader mit seiner schwarzen Plastikmaske gehören zur US-Popkultur wie Michael Jackson und Bozo der Clown.

Die US-Medien behandelten das Ereignis dann tatsächlich wie die Apollo-Landung auf dem Mond. Die Premierennacht in Hollywood war Prime-time-News. Da paradierten die Schauspieler von damals noch einmal im Blitzlichtgewitter ins Grauman Theatre, Harrison Ford, Carrie Fisher, Mark Hamill und Alec Guinness, alle sichtlich gealtert, während die Plastikrüstungen der spalierstehenden Stromtrooper immer noch glänzten wie am ersten „Star Wars“-Tag. Die Fans verstanden die Message. In den ersten sechs Wochen spielte der Film allein in den USA über 130 Millionen Dollar ein. Damit ist „Star Wars“ das mit Abstand erfolgreichste Projekt der US-Filmgeschichte.

Dabei sah es im Mai 1977 eher nach einem Flop aus. Damals startete „Star Wars“ in gerademal 35 Kinos landesweit (heute läuft er auf über 2.000 Leinwänden), und die Kritiker verdammten Lucas' Werk als „herzloses Feuerwerk eines dauerhaft zurückgebliebenen Regisseurs mit zuviel Einfluß und zuviel Geld“. Der Kinohit des Jahres hieß „Saturday Night Fever“. Im New Yorker Studio 54 stöhnte man zur Music von Donna Summer – „Love to Love You Babe“ –, in London wüteten die Sex Pistols, im Fernsehen lief die Sklavenserie „Roots“, und Präsident Jimmy Carter versuchte, die Amerikaner angesichts der Ölkrise zum Energiesparen anzuhalten. Das Hier und Jetzt schien wichtiger als die Mythen fremder Sterne. Doch mit dem überwältigenden Erfolg von „American Graffiti“, kritischer Anerkennung und einer Oscar- Nominierung dafür in der Tasche, meinte Lucas, es sich erlauben zu können, „dieses verrückte Ding zu drehen“.

Und die Macht war mit ihm. Mit seiner simplen Geschichte vom unerfahrenen Helden, der mit Hilfe eines weisen Mannes die Prinzessin befreit und das galaktische Königreich rettet, einem Mix aus alten Mythen und modernen Märchen (Siegfried, König Arthur und Tolkien), hatte Lucas intuitiv einen Nerv getroffen. Und die Teenage Girls verliebten sich in Han Solos spitzbübisches Lächeln. Die High-Tech- Ära hatte in „Star Wars“ immer noch ein

sehr menschliches Gesicht. Selbst die Roboter waren drollig.

Für die Wiederaufführung von „Star Wars“ hat Lucas die alten Kopien nicht nur abgestaubt, sondern ein paar neue Szenen eingefügt und Tricks mit Hilfe der neuen Digitaltechnik verfeinert. So explodieren die Sterne heute leinwandgerecht spektakulärer, die Raumgleiter fliegen schöner, und der Ton ist sechsspur-digital-bombastisch. Der Weltraumhafen, in dem Luke zum erstenmal auf Han Solo trifft, wurde mittels Computergraphik futuristisch aufgepeppt. In der Eröffnungssequenz bäumt sich jetzt ein Saurier dekorativ auf, wo in der Originalszene nur staubige Wüstenstraße war. Eine andere Szene in dieser Sequenz ist sogar ganz neu. So trifft Han Solo/ Harrison Ford den Weltraumwucherer Jabba, eine glibberige Riesenmade, die in Teil 3, „Die Rückkehr der Jedi Ritter“, den Bikini der Prinzessin beschlabbert, nun schon im ersten Film. Nicht daß das wirklich eine Rolle spielen würde. Pingelige „Star Wars“-Puristen haben Lucas die Veränderungen sogar übel genommen. Für sie kommt die nachträgliche Retuschierung ihres Kultstreifens einer Schändung gleich. Aber Lucas steht zu den kosmetischen Touch- ups: „Ich war mit dem ursprünglichen Resultat immer unzufrieden, weil ich nur ungefähr 50 bis 60 Prozent von dem erreicht hatte, was mir vorschwebte“, sagt der Regisseur. „Viele Szenen waren mir sogar peinlich.“ Zum Beispiel die Vaselineflecken unter Lukes Landgleiter. Die sind nun weg, und der Held scheint wirklich zu schweben.

George Lucas hat nach „Star Wars“ nie wieder Regie geführt. Mit seiner Firma Lucasfilm produzierte er weiterhin Filme wie „Indiana Jones“, Regie führten andere. Auf seiner Skywalker Ranch im Norden Kaliforniens entwickelt er Videospiele und Special-effects- Technik. Mit der „Star Wars“-Renaissance juckt es ihm jetzt aber wohl doch wieder in den Fingern. Noch in diesem Jahr will er mit einer neuen Trilogie beginnen, keine Fortsetzung, sondern eine „Zuvorsetzung“, die 1999 Premiere haben soll. Die Geschichte der Jedi-Ritter: wie alles begann, warum Darth Vader zur bösen Seite wechselte, wer Lukes Mutter war und wie er auf dem Wüstenplaneten gelandet ist. A long time ago in a galaxy far, far away ... Ute Thon

Ab heute auch wieder in deutschen Kinos