■ Duma: „Beutekunst“-Streit vor endgültiger Entscheidung
: Pingpong und Schmetterball

Nun scheint es endgültig ernst zu werden mit der „Beutekunst“ – jenen hochkarätigen Kunstwerken, die seit Kriegsende in russischen Sonderdepots lagerten und erst vor wenigen Jahren überhaupt wieder gezeigt werden durften. Falls nach der Duma auch der Föderationsrat Jelzins Veto gegen das Verstaatlichungsgesetz überstimmt, wird der einst deutsche Privatbesitz russisches Staatseigentum. Bislang schien dabei alles wie eines jener beliebten diplomatischen Pingpong-Spielchen, in denen keiner den entscheidenden Ball schlagen mag: Rußland will behalten, Deutschland will zurückhaben, erst stimmt die Duma gegen, dann der Föderationsrat für die Rückgabe – dann wieder beide dagegen, aber Präsident Jelzin dafür, und die Bundesregierung schweigt höflich zu allem und hofft, wie jetzt wieder für Mitte April, immer wieder auf Vier-Augen-Gespräche zwischen den Freunden Helmut und Boris.

Dabei ist die Rechtslage auch ohne diese in der Vergangenheit jeweils ergebnislosen Männerrunden objektiv klar. Gegen damals geltende internationale Bestimmungen hatten die sogenannten „Trophäenkommissionen“ die Kunstwerke aus dem Reichsgebiet verschleppt. Und gegen Verträge, in denen sich Rußland Anfang der 90er Jahre bereits zur Rückgabe verpflichtet hatte, werden sie noch immer in Dutzenden Museen der ehemaligen Sowjetunion festgehalten. Der „Vertrag über gute nachbarschaftliche Beziehungen“ allerdings, den Helmut Kohl mit seinem damaligen Männerfreund Michail Gorbatschow unterzeichnet hatte, spricht nur von der Verpflichtung zur Rückgabe „unrechtmäßig verbrachter“ Kunstgegenstände. Genau das aber ist die „Beutekunst“ in den Augen der russischen Hardliner nicht. Vor allem die Direktorin des Moskauer Puschkin-Museums, Irina Antonowa, verweist als ehemaliges Mitglied der Trophäenkommissionen immer wieder darauf, daß die Werke von Degas, Monet und van Gogh der Kompensation jener Schäden gelten sollten, die die Nazis in Rußland angerichtet haben.

An diesem Punkt sollte die deutsche Politik ansetzen. Klaus Klinkel, der die Rückgabediskussion mehrfach eine innerrussische Angelegenheit genannt hat, sollte endlich über andere Ausgleichsmöglichkeiten verhandeln. Die in desolatem Zustand befindlichen russischen Museen benötigen dringend westliche Finanzhilfe und Know-how, um ihre Sammlungen fit fürs 21. Jahrhundert zu machen. Stefan Koldehoff