Die rot-grünen Koalitionäre in Sachsen-Anhalt lieben sich wieder

■ Magdeburger Koalitionsstreit um Morsleben und die Colbitz-Letzlinger Heide ist beigelegt. CDU wirbt um SPD

Magdeburg (taz) – Kaum hatten die rot-grünen Koalitionspartner Sachsen-Anhalts mitgeteilt, ihre Streitigkeiten seien beigelegt, warb CDU-Fraktionschef Christoph Bergner offen für eine Große Koalition.

Noch am Wochenende hatte es nach einem rot-grünen Zerwürfnis ausgesehen. Anlaß für das Spitzentreffen der Koalitionäre war die drohende militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide und die Zukunft des atomaren Endlagers Morsleben. Trotz der Beteuerungen, alles sei wieder im Lot, legte CDU-Fraktionschef Bergner nach: Ein Zusammengehen mit der SPD nach der Landtagswahl 1998 sei „eine mögliche Option“. Seine Partei wähnt „latente Unzufriedenheit“ mit dem Kurs der PDS-tolerierten Landesregierung in den Kreisverbänden der Bündnisgrünen und der SPD. Die PDS, so die CDU, sitze nämlich bereits fest im Koalitionsboot. In dieser Auffassung sieht sich die CDU einmal mehr bestätigt, nachdem ihre Klage gegen das Magdeburger Modell vom Landesverfassungsgericht zur Behandlung angenommen wurde. Geprüft werden soll der Oppositionsstatus der PDS. Dagegen geben die beiden Koalitionspartner nach dem Quedlinburger Treffen vom Wochenende Entwarnung. Heute wird die SPD- Fraktion zusammenkommen und über die Verhandlungsergebnisse beraten. Bereits gestern trafen sich die Bündnisgrünen. Danach erklärte Fraktionschef Hans-Jochen Tschiche, auf beiden Seiten müßten noch einige Details geklärt werden. Es habe zuvor zwar „einige Irritationen“ gegeben, aber der „Dampf“ sei „raus“. Der Koalitionsstreit hakte sich seit längerem an Themen fest, für die sich vor allem die bündnisgrüne Klientel im Lande interessiert: Ohne Beteiligung der Grünen verhandelte die Landesregierung mit Bonn über die militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide, nachdem die Bundeswehr gegen den Willen des Landes und örtlicher Bürgerinitiativen das 23.000 Hektar große Gebiet übernommen hatte. Für Ärger sorgten Äußerungen des SPD-Fraktions- und Landeschefs Rüdiger Fikentscher über die Einlagerung von Atommüll im Endlager Morsleben über die Jahrtausendwende hinaus. Beide Seiten einigten sich nun über ihr Vorgehen bei den Verhandlungen um die Heide-Nutzung. Sie listeten einen Fragenkatalog zu dem zwischen Land und Bund ausgehandelten Kompromiß auf, der noch in dieser Woche mit Bonn verhandelt werden soll.

Die SPD dagegen warf ihrem Partner kommunalpolitische Annäherungen an die CDU vor. So verhalfen die Bündnisgrünen kürzlich einem CDU-Antrag zur Mehrheit (mit einzelnen PDS- und SPD- Stimmen), der für die Trennung von Amt und Mandat eine Enquetekommission fordert. Nach dem Willen der Koalition sollen bereits im nächsten Landtag keine Landräte und hauptamtlichen Bürgermeister mehr sitzen. Doch die grüne Fraktion will viel mehr als die CDU: breitere Bürgerbeteiligung, Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre. Innenminister Manfred Püchel (SPD) ist diskussionsbereit, warnt aber vor der „Aushebelung der repräsentativen Demokratie in den Kommunen“. Detlef Krell