Öko-Bingo oder Postleitzahl

Niedersachsen privatisiert seine Lotto-Gesellschaft und will eine Umweltlotterie zulassen. Werden die Ökos dabei ausgebootet?  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – Um schmerzliche Einsparrunden auch noch im niedersächsischen Vorwahlkampf zu vermeiden, brauchen Ministerpräsident Gerhard Schröder und sein Finanzminister Willi Waike die im Haushalt fest eingeplanten Privatisierungs-Millionen dringend. Und so war denn auch die jüngste Entscheidung der Schröder-Regierung keine Überraschung: Für genau 398 Millionen Mark soll der 99,7prozentige Landesanteil an der Toto-Lotto Niedersachsen GmbH an die Nord/LB und den Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband verkauft werden.

Die Zustimmung der SPD- Mehrheit des niedersächsischen Landtages zu der Privatisierung erwartet das Finanzministerium noch vor der Sommerpause. Der Landtag hat außerdem für den Verkauf noch das niedersächsische Lotteriegesetz zu ändern. Zudem wird im Mai auch die Entscheidung des niedersächsischen Innenministeriums über die Zulassung der bundesweit ersten Umweltlotterie erwartet.

Für ein neues Umweltgewinnspiel hatte sich schon vor Jahren selbst Gerhard Schröder stark gemacht. Allerdings liegen dafür im Innenministerium dafür derzeit zwei Anträge vor. Der eine kommt von der Toto-Lotto GmbH in Privatisierung: Die Lotto GmbH plant ein sogenanntes Umweltbingo, bei dem wöchentlich im regionalen niedersächsischen Fernsehprogramm des NDR die Gewinnzahlen gezogen werden sollen. Per Zufallssystem ausgewählte Anrufer sollen live Biologen anrufen können.

Zweiter Antragsteller ist die Arbeitsgemeinschaft Neue Bundeslotterie für Umwelt und Entwicklung, die von den großen Umweltverbänden sowie Unicef und Misereor getragen wird. Die Arbeitsgemeinschaft hat, nachdem sie mit dem Projekt einer bundesweiten Umweltlotterie zunächst gescheitert war, jetzt in allen norddeutschen Ländern erneut einen Antrag auf Zulassung ihres in den Niederlanden so erfolgreichen Postleitzahlen-Gewinnspiels gestellt. Sie will in Zusammenarbeit mit Privatsender RTL ihre Umweltlotterie organisieren, bei der einmal im Monat alle Gewinne den Loskäufern nur eines Postleitzahlbereiches zufallen sollen. Die Grünen im niedersächsischen Landtag fürchten allerdings jetzt, daß mit Privatisierung der Toto-Lotto GmbH auch bereits die Entscheidung über die Umweltlotterie gefallen ist. „Die Käufer haben ihr ursprüngliches Angebot noch einmal erhöht“, sagt der Grünen- Landtagsabgeordnete Michel Golibrzuch. Die Regierung will nämlich auch das entsprechende Gesetz ändern. Der Gesetzentwurf enthält eine Klausel, daß neue Lotterien schon bestehende nicht gefährden dürfen. Wegen dieser Ausschlußklausel zum Schutz des alten Monopols haben im Namen der Bundesumweltlotterie Unicef und der BUND in einem Brief an Ministerpräsident Schröder heftig protestiert.